Southampton WS 2010/11

xNo longer available: Southampton, Wintersemester 2010/2011

Als ich von dem Erasmusprogramm für Psychologiestudenten an der Universität Heidelberg erfahren habe, bin ich sofort in das Büro unserer Erasmuskoordinatorin Ute Lorenz gegangen. Sie war sofort sehr nett und hilfsbereit und hat mich erst mal mit den wichtigsten Informationen ausgestattet. Daraufhin habe ich mich für das Erasmusstipendium beworben. Ziemlich schnell kam dann schon die inoffizielle Zusage nach geraumer Zeit dann auch die offizielle. Mit der Bewerbung einher ging die Auswahl der Kurse. Über die Internetseite der Southampton University waren sämtliche Kurse zu finden, auch wenn nicht immer klar war, in welchem Semester welcher Kurs angeboten wurde. Da das Learning Agreement, aber erst mal nur vorläufig sein musste, war das nicht so problematisch. Vor Ort konnte dann alles noch genau geregelt werden.

Nun war es an der Zeit die wichtigsten Vorbereitungen des für mich schon sehnlichst erwarteten Auslandsjahres zu treffen. Das wichtigste für den Anfang war eine Unterkunft. Ich hatte zwar gehört, dass auch einige ehemaligen Erasmusstudenten erst mal ohne Wohnung nach England reisten und dort vor Ort etwas suchten, doch das war mir zu heikel. Also habe ich mich an den PC gesetzt und im Internet nach Wohnungen gesucht. Das schien gar nicht so schwer zu sein und ich fand auch relativ schnell Wohnungen, doch woher sollte man nun wissen, ob diese seriös waren oder nicht? Dann fand ich heraus, dass es eine Uni eigene Wohnungsseite gab. Auf dieser waren nur Angebote von Vermietern zu finden, die von der Universität als seriös geprüft worden waren. Dieser Seite vertraute ich dann und fand dort auch meine Unterkunft. Das Preisleistungsverhältnis kann man nicht ansatzweise mit Deutschland vergleichen. Zimmer sind in England einfach mal wesentlich teurer und dennoch ziemlich klein. Nichtsdestotrotz fand ich ein Haus in dem ich ein süßes kleines Zimmer hatte und das ich mir ansonsten mit vier anderen Auslandsstudenten teilte. Im Nachhinein bereue ich es nicht im Geringsten, dass ich mir meine Wohnung über das Internet gesucht habe. Aber vielleicht hatte ich auch einfach nur sehr viel Glück. In Southampton habe ich auch einige Leute getroffen, die erst vor Ort nach einer Unterkunft gesucht haben und damit auch keinerlei Probleme hatten. Dennoch war meine Variante vermutlich die stressfreiere.

Nachdem das Thema Unterkunft geklärt war, galt es nun einen Flug zu finden. Southampton hat glücklicherweise einen eigenen Flughafen, der allerdings nur von der Firma Flybe angeflogen wird, die in Deutschland nicht von allen Großstädten fliegt. Wem der Weg zu einem der Flybe Flughäfen in Deutschland zu weit ist, der kann auch mit Ryanair, Easyjet oder anderen Firmen nach London fliegen und von dort mit der Firma National Express nach Southampton fahren. Für den Anfang würde ich allerdings doch den Direktflug nach Southampton empfehlen. Wenn man erst das Land ein wenig kennt, dann kann man auch problemlos die London- Variante wählen. Ich habe letztendlich außer auf meinem Hinflug nie mehr den Direktflug nach oder von Southampton gewählt, allerdings aus dem Grund, dass ich (aus Berlin kommend) immer erst nach Hannover gemusst hätte, um mit Flybe fliegen zu können. Hinzukommt, dass die Firmen, die von London aus angeboten werden, wesentlich preiswerter waren. Mit Easyjet von London- Gatwick war die bequemste Variante, die ich gefunden habe, da der Bus (National Express) von Southampton direkt nach Gatwick fuhr. Aber wie man am Ende am bequemsten reist, muss wohl jeder für sich selbst herausfinden. In meiner Reiseplanung hatte ich mir zwei Wochen Eingewöhnungszeit gestattet, bevor die Uni dann los ging. In Southampton angekommen, war ich dadurch die ersten paar Tage noch alleine in meinem Haus, aber nach und nach kamen dann die anderen auch und auch in der Nachbarschaft kamen immer mehr Studenten. Sodass ich bereits am ersten Abend nette Leute kennengelernt habe und an den folgenden Abenden dann auch immer mehr dazu kamen. Die meisten waren ebenfalls Erasmusstudenten oder aber Fulltime Studenten, die aber auch von außerhalb der UK kamen. Die ersten zwei Wochen stand dann fast jeden Abend ein Event an und dadurch habe ich super schnell sehr viele Leute kennengelernt, die sich dann auch im Laufe des Jahres zu einer festen Gemeinschaft zusammen gefunden haben. Da ich sehr nah am Stadtzentrum gewohnt habe (ca. 10-15 min Fußweg) und auch keine 5 min von der „Partymeile“ entfernt war, gab es abends jede Menge Möglichkeiten zum Ausgehen und Menschen kennenlernen. Aber auch hier darf man preislich nicht den deutschen Standard erwarten. Es ist wesentlich teurer und zu meinem Erstaunen schlossen die Clubs auch schon sehr früh (unter der Woche um 2Uhr und am Wochenende um 3 Uhr).

Da es im Erasmusjahr aber nicht nur um Spaß, sondern auch ums Studieren gehen soll, mussten vor Ort natürlich auch Uni technische Dinge organisiert werden. In der ersten Woche des neuen Studienjahres gab es jede Menge Einführungsveranstaltungen. Zum einen gab es spezielle Veranstaltungen für ausländische Psychologiestudenten am Institut, zum anderen gab es aber auch ganz allgemeine Einführungsveranstaltungen für Erasmus- und internationale Studenten. Das fand ich sehr hilfreich, da man dabei einen guten Überblick bekommen hat und gleichzeitig auch Gleichgesinnte der eigenen Universität oder sogar aus dem gleichen Fach traf. Vor allem im psychologischen Institut waren alle sehr um einen gelungenen Empfang bemüht und haben einen sehr netten Empfangs-Brunch organisiert. Dort konnte man zusätzlich auch schon ein paar Professoren und auch die Erasmuskoordinatorin Jana Kreppner kennenlernen. Jana ist im übrigen Deutsche, was am Anfang ganz hilfreich sein kann, wenn man ein wenig mit dem ganzen Neuen überfordert ist. Ein wichtiger Weg war auch zu Kathryn Smith, sie war in meinem Fall für das Learning Agreement und die Immatrikulationsbescheinigung zuständig. Sie war sehr nett und hatte mir mit allem immer sehr geholfen. Toll fand ich auch, dass es möglich war in jedem Semester einen Kurs zu belegen, der nicht vom psychologischen Institut gelehrt wurde. Ich habe mir dann einen Kriminologie Kurs, den ich nur wärmstens empfehlen kann und noch einen Social Sciences Kurs, der über psychische Störungen war, ausgesucht. Bezüglich der Universität lief am Anfang FAST alles problemlos. Aber eben auch nur fast. Bevor der Auslandsaufenthalt angetreten wird, ist es zu empfehlen, den Studentenausweis zu beantragen. Das habe ich auch getan, allerdings ist bei mir dabei einiges schief gelaufen. Es hat ewig gedauert, eh ich ihn erhalten habe, weil sie ihn erst zum falschen Institut geschickt haben und dann wurde er wieder zurück geschickt und dann dauerte es ewig, bis er letztendlich im psychologischen Institut zur Abholung bereit lag. Aber abgesehen davon, dass man dadurch noch nicht sofort in die Bibliothek gehen konnte und man noch keine Sportmitgliedschaft möglich war, hatte die Zeit ohne den Studentenausweis keine Konsequenzen. Es war zwar nervig, weil man denen hinterher rennen musste und jeder einen woanders hingeschickt hat, aber im Endeffekt hat dann alles geklappt und das ist ja schließlich die Hauptsache.

Mit Beginn der Vorlesungszeit kam dann die erste Erleichterung. Am Anfang hatte ich schon Angst, nicht hinterher zu kommen. Doch schon nach kürzester Zeit zeigte sich, dass Dank der sehr deutlichen Aussprache der Dozenten meine Angst völlig unbegründet war. Sicher wird jeder die Verständnisschwierigkeit unterschiedlich empfinden, aber ich glaube schon, dass man mit gutem bis sehr gutem Schulenglisch eigentlich nicht so viele Probleme haben sollte. Etwas schwieriger gestaltet sich dann aber das eigene schreiben. In manchen Kursen zählen Rechtschreibung und Grammatik prinzipiell in die Note mit rein. Ich hatte sogar einen Kurs, bei dem die Sprache in einer Hausarbeit ganze zwei Fünftel ausmachte. Das war schon heftig, zumal das ein Kurs aus dem 5. Semester war und damit der Anspruch an die Sprache akademisches Muttersprachen Niveau eines Abschlussjahrstudenten. Aber nicht in allen Kursen ist das so heftig. Ich hatte auch einen Kurs, in dem gesagt wurde, dass bekannt ist, dass ich Erasmusstudentin bin und daher keine Punkte wegen schlechterer Sprache abgezogen werden. Da schwankte also von Professor zu Professor, genauso wie die Einschätzung der Sprache. Mal hieß es „nahezu fehlerlos“ und bei einem Kurs dann wieder „nicht gerade berauschend“. Empfehlenswert ist es auf jeden Fall, wenn man jemanden hat, der mal drüber liest. Gerade am Anfang kann das doch sehr hilfreich sein, am besten wäre natürlich ein Muttersprachler, aber auch andere internationale Studenten können einem dabei behilflich sein. Im Endeffekt habe ich festgestellt, dass es sich schon sehr auszahlt, wenn man sich genügend Zeit für das reine schreiben einplant. Ich bin generell eher jemand von der kurzfristigen Sorte und schreibe meine Hausarbeiten dann gerne mal innerhalb von 1-2 Tagen, inklusive Recherche. Meine beste Arbeit habe ich aber geschrieben, als ich mir genügend Zeit genommen habe und tatsächlich mal rechtzeitig angefangen habe. Was im deutschen für uns noch einfach machbar ist, ist dann im englischen eben doch ein wenig schwieriger. Generell kann man sagen, dass die Hausarbeiten sehr human gestellt sind. Mit ein wenig Initiative und Recherche kann man gute bis sehr gute Resultate abliefern. Auch Präsentationen sind gut zu bewältigen. Visuell wird scheinbar nicht allzu viel erwartet, dennoch glaube ich, dass eine visuell gute Präsentation durchaus von Vorteil sein kann. Gerade auch weil man sich dann von den Einheimischen, die sprachlich ja einen Vorteil haben, auf diese Weise absetzt und so sicher das sprachliche Defizit wieder ausgleichen kann. Die größte Überraschung waren für mich die Klausuren. Im Gegensatz zu den Multiple Choice Klausuren oder denen mit 20-30 kleineren Fragen, die wir in Deutschland oft haben, wird in England Wert auf Detailwissen gelegt. Klausuren bestehen oft aus zwei bis drei Essay-Fragen, für die man dann jeweils eine Stunde Zeit hat. Detailliertes Wissen über Experimente und Studien ist sehr erwünscht, genauso wie die dazu gehörigen Namen und Jahreszahlen. Darüber hinaus werden zur Klausurvorbereitung massenhaft Artikel genannt, die nach Möglichkeit noch zusätzlich und zur Vertiefung des Stoffes gelesen werden sollen. Aber ich will damit niemanden abschrecken. Man kann die Klausuren auch ganz gut bestehen, wenn man nicht so detailliert bescheid weiß. Strebt man allerdings eine eins an, so sollte man schon sehr viel mehr wissen, als nur das, was auf den Folien der jeweiligen Vorlesung steht.

Doch Uni besteht in Southampton nicht nur aus Vorlesungen und Lernen, sondern noch aus weit mehr. Zahlreiche Sport-Clubs und Societies werden angeboten, denen man mit mehr oder minder hohen Beiträgen beitreten kann. Ich persönlich habe eine Mitgliedschaft für die Sporthalle abgeschlossen, darin war dann die Benutzung des Fitnessstudios, Schwimmen und einige Kurse enthalten. Außerdem habe ich eine Zeit lang bei den Jazzmanix, einem Gospelchor, mitgemacht und mal in die eine oder andere Society reingeschnuppert. Letztendlich findet sich für jeden was, der Interesse hat, neue Leute kennenzulernen, mal was Neues auszuprobieren oder seinem Hobby nachzugehen. Auch für Leute, die keine Lust haben einer Society beizutreten, hat die Uni einiges zu bieten. So gibt es auf dem Gelände einen eigenen Pub, der jeden Donnerstag Karaoke veranstaltet, außerdem gibt es einen eigenen Club, der immer wieder Events veranstaltet. Desweiteren werden von Zeit zu Zeit „open Mic“ Abende veranstaltet, wo jeder, der gewillt ist, etwas vortragen kann. Auch sehr schön ist der Obst- und Gemüsemarkt, der jeden Montag auf dem Gelände stattfindet, sowie ein wöchentlicher Bücher- und CD- Verkauf, mit sehr guten Preisen. Es lohnt sich also auch durchaus in der Nähe der Uni zu wohnen, weil sie doch sehr viel zu bieten hat. Auch die Erasmus Society veranstaltet regelmäßig Abende, die entweder auf dem Unigelände oder nahe der Uni stattfinden, sodass auch in diesem Fall eine Uni nahe Wohnung von Vorteil ist. Auch ich habe mir manchmal gewünscht näher an der Uni zu wohnen. Aber nichtsdestotrotz bereue ich es nicht, dass ich nahe am Stadtzentrum gewohnt habe, denn ich hatte auch dort eine sehr schöne Zeit und viel erlebt, weil eben auch dort sehr viel veranstaltet wird.

Abschließend kann ich nur sagen, dass ich mein Jahr in Southampton sehr genossen habe. Ich habe viele tolle Menschen dort kennen gelernt, auch wenn es ruhig ein paar mehr Engländer hätten sein können (die sind nämlich leider nicht so aufnahmebereit und kontaktfreudig wie die andere ausländischen Studenten). Sprachlich hat mir das Jahr auch sehr viel gebracht und ich bin froh, dass ich nicht nur ein Semester geblieben bin. Im ersten Semester wird man dann langsam sicherer in der Sprache und im zweiten profitiert man dann richtig davon. Außerdem war es natürlich eine völlig neue Erfahrung im Ausland zu studieren und mal ein anderes Studiensystem kennen zu lernen. Im Endeffekt finde ich sogar, dass das englische System wesentlich besser ist als das deutsche, aber das ist ja eine sehr subjektive Meinung. Ich kann nur jedem so ein Auslandsjahr empfehlen und Southampton ist dabei sicher eine gute Wahl.

Alles Gute und viel Spaß!