Valencia, WS 2020/21 (BSc)

xNo longer available: Valencia, Wintersemester 2020/2021 (Bachelor)

Da es mir selber sehr geholfen hatte, von früheren Erasmus Studierenden Berichte zu hören oder zu lesen, möchte ich hiermit versuchen, euch genauso eine Hilfe zu sein, und eure Vorfreude noch ein bisschen mehr zu steigern.

Warum Valencia?

Da ich unbedingt mein Spanisch über die Sprachkurse des ZSL hinaus nutzen wollte, und ich den Süden einfach schon immer geliebt habe, war es für mich schon von Anfang an klar, es geht nach Spanien. Wo genau war da erstmal zweitrangig. Ich bin vor allem nach Ausschlussverfahren vorgegangen: in Salamanca ging nur ein ganzes Jahr, was für mich leider nicht in Frage kam, und in Madrid wurde ein B2 Sprachniveau vorausgesetzt, was ich zum Zeitpunkt der Bewerbung nicht hatte, und bis zu meinem Erasmus auch vermutlich nicht erreicht hätte. Deshalb wurde es Valencia und ich muss sagen, ich habe es keine Sekunde bereut. Ich habe mich von Tag eins an in diese Stadt verliebt, und konnte auch nach 5 Monaten immer noch nicht genug von ihr kriegen, weshalb ich mich auch entschied, die Semesterferien zu nutzen, um hier noch mein Praktikum zu machen.

Vorbereitungen und Ankunft in Valencia

Tatsächlich kam die Zusage für Valencia für mich recht unerwartet. Und so groß die Vorfreude auch war, so schnell kam dann auch die Unsicherheit dazu. Anfang des Jahres dachte man noch, bis September würde man diesen Virus ja wohl in den Griff bekommen. Oder zumindest dachte ich das anfangs noch. Doch schnell wurde man eines Besseren belehrt, es kamen die ersten Absagen fürs Erasmus, teils von den Gastuniversitäten, teils von den Studierenden selbst, und plötzlich war ich die Einzige aus meinem Freundeskreis, die noch vorhatte zu gehen. Ich habe lange hin und her überlegt es um ein Semester zu verschieben. Meinen Platz abzusagen und es in einem Jahr noch einmal zu versuchen war mir trotz „Corona Bonus“ zu riskant und so entschied ich mich letzten Endes doch wie geplant im Wintersemester zu gehen und es war definitiv die richtige Entscheidung für mich. Was die zu erledigen Schritte für die anstehende Reise angeht, wird eigentlich alles klar und rechtzeitig kommuniziert, sodass ich mir ganz umsonst immer wieder Sorgen gemacht habe, ich könne ja etwas vergessen. Und bei Zweifeln ist immer unsere Fachkoordinatorin Frau Lorenz mit viel Geduld und Verständnis für einen da. An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank! Was das Kofferpacken angeht: unterschätzt Valencias Winter nicht! Ich bin immer wieder dankbar gewesen, auch ein Paar Winterschuhe, einige Wollpullis und eine Winterjacke eingepackt zu haben. Ich habe eigentlich alles an Kleidung mitgenommen, was ich brauchte, und hier nur noch Kosmetikartikel und ein paar Kleinigkeiten für mein Zimmer besorgt.
Eigentlich wollte ich spätestens Anfang September in Valencia sein, um mich entspannt einleben zu können und die Stadt ohne Unistress etwas zu erkunden. Aber wie es so ist, kam etwas dazwischen und ich bin doch erst am 11. September angekommen, also am Freitag vor Unibeginn. Meine Immatrikulation war noch nicht abgeschlossen, einige Vorlesungen überschnitten sich, weil ich nicht in die Gruppe reingekommen war, für die ich mich angemeldet hatte, ich verstand die Bankomaten nicht, über die ich meine Verwaltungsgebühren bezahlen sollte und ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, wie das funktionieren soll, dass am Montag schon tatsächlich die Uni losgeht. Und hier möchte ich jedem und jeder ans Herz legen: macht euch nicht verrückt! Das fügt sich alles schon irgendwie. Einfach auf euch zukommen lassen. Und auch wenn ihr in der ersten Woche immer noch nicht wisst, welche Vorlesungen ihr jetzt eigentlich besuchen dürft/könnt, verpasst ihr da sicherlich nicht viel, oder zumindest nichts, was ihr nicht im Nachhinein noch herausfinden könnt.

Wohnungssuche: lieber Uni nah oder in der schönen Altstadt?

Was die Wohnungssuche angeht, hatte ich schon von einigen gehört, sie seien einfach früh genug nach Valencia gegangen, um vor Ort zu schauen. Meine Vorfreude war aber viel zu groß, und ich konnte nicht widerstehen, mich schon vorher auf die Suche zu machen. Ursprünglich wollte ich versuchen eine Wohnung mit Spanierinnen zu finden, weil Spanisch lernen ja eine große Priorität für mich war. Letztendlich habe ich aber eingesehen, dass es vermutlich mehr Sinn macht, sich nicht zu sehr darauf zu fokussieren. Einerseits ist es in Spanien wohl nicht ganz so üblich so früh auszuziehen, andererseits will man dann ja auch nicht unbedingt im Fünf-Monats-Rhythmus neue Mitbewohnerinnen haben. Nach dieser Erkenntnis bin ich einfach nach Lage, Ausstattung, Preis usw. gegangen. Ich habe auf idealista.com, pisocompartido.es und badi geschaut, und bin letztendlich bei idealista fündig geworden, und kann die Wohnung auch sehr empfehlen. Bei Interesse könnt ihr euch gerne bei mir melden, und ich gebe den Kontakt weiter. Ich hatte mich entschieden, nicht in das Studierendenviertel zu ziehen. Ursprünglich, weil ich dachte, ich würde dort eh genug Zeit verbringen, letztendlich war das nicht der Fall, aber damit hatte ich dann eben einen anderen, genauso guten Grund, nicht unbedingt dort hinzuziehen. Meine Wohnung war in Ruzafa, was recht nah an der Altstadt, und ein wirklich schönes Viertel mit vielen bunten Altbauten, Cafés und Restaurants ist.

Erasmusleben: Veranstaltungen, Reisen und mehr

Bezüglich des Erasmuslebens muss ich sagen war ich echt überrascht wie viel am Anfang noch trotz Corona möglich war. Es gab fast jeden Tag irgendwas: flunkyball am Strand, free paella in einer Bar, language exchange in einer anderen, am Wochenende irgendwelche Reisen, …. Als die Zahlen wieder stiegen, ging das alles natürlich nicht mehr, oder nur sehr beschränkt. Aber irgendwann, wenn man schon Anschluss gefunden hat, kann man sich ja auch selber was organisieren. Ich habe am Anfang zwei Führungen mit ESN gemacht, war bei einigen der Events am Strand oder in Bars und hab eine Reise mitgemacht. Alles was danach kam war weitestgehend mit Freund*innen selbst organisiert. Dementsprechend kann ich zu den Erasmus Organisationen nicht sehr viel erzählen.

Die Stadt

Ich habe mich wirklich in Valencia verliebt. Sie ist zwar eine Großstadt, mit vielen verschiedenen Vierteln, einem großen Angebot an Kultur, Freizeit, Gastronomie, und dennoch kann man einfach alles zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen. Ich bin innerhalb von Valencia selten länger als 30 Minuten mit dem Fahrrad gefahren. Auch mit Bus und Bahn kommt man gut überall hin. Ich habe mir direkt am Anfang für 50€ über Wallapop ein Fahrrad gekauft und fand es ideal. Außerdem gibt es das Angebot der Valenbisi: überall in der Stadt gibt es Stationen mit Fahrrädern, welche man für 30€ im Jahr immer die ersten 30 Minuten umsonst nutzen kann. Auch das hat durchaus seine Vorteile, wenn man zum Beispiel mit dem Rad irgendwo hinfahren möchte, aber mit dem Bus zurück. Außerdem fallen keine weiteren Kosten an, wenn es mal kaputt geht oder gestohlen wird (deshalb immer mit 2 Schlössern abschließen, und alles einschließen was irgendwie entfernt werden könnte). Aber gerade, wenn man auch mal weitere Radtouren machen will, und flexibel sein möchte finde ich ein eigenes Fahrrad wirklich praktisch. Aber zurück zur Stadt. Valencias Altstadt ist einfach wunderschön. Es gibt viele große Plätze (Plaza de la Reina, Plaza de la Virgen, Plaza del Ayuntamiento), Markthallen (Mercado Central, Mercado de Colón) und in der ganzen Stadt wachsen Orangenbäume und Palmen. Ruzafa, das Viertel, in dem ich auch gewohnt habe, besticht durch seine bunten Häuser, gemütlichen Cafés und Restaurants und individuellen Geschäften. Im Studierendenviertel habe ich mich letztendlich gar nicht so oft aufgehalten. Aber dort gibt es auch ein großes Angebot an Restaurants und Bars, wo man günstig essen und trinken kann (z.B. Plaza Honduras). Benimaclet ist auch ein wirklich schönes Viertel, nah am Univiertel in dem es auch einiges an Bars und Restaurants gibt. Und ganz wichtig natürlich: der Strand. Der ist von Ruzafa aus zwar dann doch etwas weiter entfernt als vom Studierendenviertel (ca. 25/30 Minuten mit dem Fahrrad) aber auch das ist ja keine Entfernung. Durch die Straßen von El Cabanyal, dem Viertel direkt am Strand kann man auf jeden Fall auch mal schlendern. Es zeichnet sich durch seine kleinen, quadratischen, bunten Reihenhäuser aus, wie man sie ähnlich auch in Benimaclet sehen kann. Außerdem verläuft quer durch die Stadt der Turia Park, ein trockengelegtes Flussbett, welches jetzt zum Picknicken, Joggen, Fahrradfahren und mehr einlädt. Er fängt bei der Ciudad de las Artes y las Ciencias (Stadt der Künste und Wissenschaften) an, und endet neun Kilometer weiter beim Bioparc, Valencias Zoo.

Essen, trinken, feiern

Irgendwie haben sich bei uns relativ schnell Rituale eingeführt, und wir haben uns eigentlich jeden Donnerstag im Big Ben in der Plaza Honduras (im Studierendenviertel) zum language exchange getroffen und waren sonst ständig im Famülus Café in der Innenstadt. Dort wurden anfangs auch noch Events wie Karaoke, International Dinner, Oktoberfest, … Alles von Reggie (der das Café mit seiner Familie führt) selbst organisiert. Meistens im etwas kleineren Kreis als die „richtigen“ Erasmus Events, was es auch leichter gemacht hat, Leute kennenzulernen und bekannte Gesichter wiederzuerkennen. Außerdem gibt es da die beste Tortilla, die ich hier in Valencia gegessen habe, und sehr guten Kaffee. Ein richtig süßes Café, welches es sowohl in Ruzafa, als auch in der Altstadt gibt, ist das Dulce de Leche. Da sollte man mindestens 10 Minuten einplanen, um sich zu entscheiden, was man Essen möchten, weil alles so gut aussieht! Ebenfalls in Ruzafa kann ich la Finestra wirklich empfehlen. Dort gibt es mini Pizzen für 2€ und was den Belag angeht, wird man immer überrascht. Es befindet sich in einer kleinen Fußgänger Straße und ist auch vom Ambiente sehr schön. Das MAUI kann ich ebenfalls sehr empfehlen. Dort gibt es etwas ausgefallenere Tapas und trotzdem zu einem sehr guten Preis. Auch das befindet sich in einer kleinen Seitenstraße Ruzafas, sodass man schön draußen sitzen kann. Die Fabrica de hielo ist eine Bar direkt am Strand in einer alten Fabrik mit einer sehr schönen Atmosphäre und regelmäßigen Konzerten (zumindest in normalen Zeiten), kann ich auf jeden Fall auch nur empfehlen! Das waren dann auch schon meine Hauptfavoriten, aber ich konnte natürlich auch nicht alle ausprobieren und Valencia ist einfach voll von schönen Restaurants, Bars und Cafés.

Feiern gehen im herkömmlichen Sinne ging in der Zeit, in der ich dort war, nicht. Clubs waren eigentlich die ganze Zeit geschlossen, oder hatten, wenn überhaupt mal tagsüber geöffnet. Man durfte nur sitzen und sich mit Maske fortbewegen. Wir haben deshalb dann einfach für bestimmte Anlässe (Geburtstage, Halloween, …) Airbnbs gemietet, um dort feiern zu können. Durch die aktuelle Lage waren die immer recht günstig, man hatte sein eigenes Essen und Getränke, und konnte sich zu jeder Zeit hinlegen, wenn man ein kurzes Powernap brauchte, oder einfach genug gefeiert hatte für den Tag. Oder man hat zu sich nach Hause eingeladen, wenn Mitbewohnerinnen und Nachbarinnen das erlaubt haben.

Freizeit

Während ich allen von zu Hause vorgeschwärmt habe, wie lebendig diese Stadt ist, durfte ich mir von den Menschen hier immer wieder anhören, wie traurig es sei, dass ich ausgerechnet in Coronazeiten in Valencia bin, wenn die Stadt so tot ist. Ich muss also definitiv mal wieder kommen, wenn das Leben wieder zurück zur Normalität gefunden hat! Aber trotz der Umstände war wirklich immer was los. Egal zu welcher Uhrzeit man in den Turia Park oder an den Strand gegangen ist (natürlich außerhalb der Ausgangssperre), es waren immer Menschen da, die verschiedenste Sportarten ausübten, ein Picknick machten, spazieren gingen, jonglierten, usw. Auch von der Uni aus gibt es ein großes Sportangebot. Ich habe mich für einen Salsa Kurs und Windsurfen angemeldet. Der Salsa Unterricht war ein absolutes Highlight. Die Lehrerin war immer mit voller Leidenschaft dabei und hat jeden mit ihrer guten Laune angesteckt und ich war erstaunt wie viel wir in der kurzen Zeit dann doch schon gelernt hatten. Anscheinend organisiert sie normalerweise nach jedem Kurs (kann aber sein, dass es nur jedes Jahr, nicht jedes Semester stattfindet) eine große Tanzparty. Der Windsurfkurs war etwas chaotisch. Der Lehrer meinte wir sollen einfach immer morgens anrufen, wie der Wind ist, und er sagt uns dann, ob wir kommen können oder nicht. Dementsprechend war ich insgesamt vielleicht drei- oder viermal wirklich im Wasser. Davor haben wir auf dem trockenen geübt, oder auch mal bodyboard ausprobiert, als die Wellen zu stark waren. Im Großen und Ganzen war es trotzdem ganz witzig, und ich habe vor allem den Weg nach El Saler mit dem Fahrrad immer genossen. Das sind ca. 40 Minuten Radweg, davon ist aber gerade der zweite Teil nur noch an Stränden entlang. Mit dem eigenen Fahrrad hat das gut gepasst. Ohne eigenes Fahrrad würde ich es mir aber nochmal überlegen, da der Bus anscheinend etwas unzuverlässig fährt. Es gibt auch für fast alles eine WhatsApp Gruppe, ob Fußball, Volleyball, Joggen, Kunst …. Auch auf Instagram gibt es einiges, am besten einfach rumschauen. Gerade am Anfang können diese Gruppen recht hilfreich sein, um schnell Anschluss zu finden. Von dem Erasmus Organisationen werden fast jedes Wochenende irgendwelche Trips organisiert. Nach und nach bin ich dann aber aus vielen wieder ausgetreten, und habe die meisten Sachen mit Freund*innen organisiert. Es gibt einiges in Valencias Nähe, dass man auch an nur einem Tag besichtigen kann. Meine Favoriten waren Calpe und Altea, aber ich habe mir auch bei weitem nicht alles anschauen können, was ich mir gerne angeschaut hätte. Ansonsten habe ich es auch einfach genossen immer mal wieder durch die schöne Altstadt zu schlendern, einfach mal am Strand zu verweilen, irgendwo einen Kaffee trinken zu gehen, oder mit meiner WG etwas zu unternehmen.

Die Universität: Vorlesungen, Professoren, Klausuren

Das System hier in Valencia ist sehr anders als das Deutsche. Es ist um einiges verschulter, mit Klassenräumen statt Hörsälen, meistens wöchentlichen Aufgaben und generell wird viel weniger Eigenständigkeit von Seiten der Studierenden verlangt- so war zumindest mein Eindruck. Ob es einem gefällt oder nicht ist da vermutlich Geschmackssache. Es gab ein interessantes Angebot an Vorlesungen, und ich fand die Professorinnen insgesamt auch sehr gut. Durch die regelmäßigen Aufgaben und dadurch, dass jede Vorlesung zweimal die Woche stattfindet, sollte man die Arbeitslast nicht unterschätzen. Ich hatte fünf Kurse, davon drei auf Spanisch und würde sagen ich war damit ganz gut ausgelastet, wenn man nebenbei auch noch etwas von Valencia und seinem Erasmusleben haben will. Einen Spanischkurs am centre d’idiomes wollte ich eigentlich auch noch machen, aber die Kurse, die für mich in Frage kamen, überschnitten sich immer mit meinen Vorlesungen, deshalb habe ich es dann doch gelassen, und einfach gehofft, ich würde auch so genug Spanisch lernen, und ich würde sagen, der Plan ist ganz gut aufgegangen. Durch die aktuelle Situation wurde es so geregelt, dass eine Woche immer online war, und die andere in Präsenz, wobei immer eine Hälfte der Studierenden zum ersten Termin, und die andere Hälfte zum zweiten Termin gekommen ist. Wie die verlorene Stunde kompensiert wurde, war je nach Vorlesung unterschiedlich. Leider durfte man sich außerhalb der Vorlesungen nicht an der Fakultät aufhalten, und alle sind immer direkt danach gegangen, was es für mein Empfinden etwas schwieriger gemacht hat, auch Kommilitoninnen näher kennenzulernen. Meine Kurse:

  • Psicología de la Salud (Gesundheitspsychologie), Prof. Salvador Amigo Borras (4,5 LP): Der Kurs war auf spanisch und eigentlich sehr interessant. Ich hatte Gesundheitspsychologie in Heidelberg auch schon gehört, und mich aber nicht für die Klausur angemeldet. Einige Inhalte sind ähnlich (Geschichte und die bekanntesten Modelle) aber es kamen auch viele neue und alltagsrelevante Informationen dazu, vor allem über Ernährung und Bewegung/Sport. Zusätzlich zur Klausur (70%) mussten 4 Aufgaben abgegeben werden (30%), in denen man an sich selbst, oder an einer anderen Person immer eine einwöchige Intervention durchführen und dokumentieren musste. Es war zwar an sich interessant, die Inhalte der Vorlesung auch direkt anzuwenden, jedoch sind diese Aufgaben oft von einem eher ungesunden, inaktiven Alltag ausgegangen, und wenn man grundsätzlich sowieso alles zu Fuß oder mit dem Fahrrad macht, statt Fahrstuhl die Treppen nutzt und regelmäßig Sport treibt, musste man zum Teil etwas kreativ werden, um irgendwie trotzdem die Tabellen ausfüllen zu können. Der Professor hat sehr klar und deutlich gesprochen und war für mich von Tag eins gut zu verstehen. Er hat sowohl in der Online- als auch in der Präsenzwoche zweimal die gleiche Vorlesung gehalten. Dadurch war der zu lernende Inhalt für die Klausur deutlich geringer, als er vermutlich die vorherigen Jahre war, und die kommenden Jahre sein wird. Die Klausur war wirklich sehr leicht. Es gab nur Multiple Choice Fragen mit einer richtigen Antwort und auch alles direkt aus der Vorlesung übernommen.
  • Psychology of social and community intervention, Prof. Wanda Malgorzata Kozusznik (6 LP): einer meiner beiden englischen Kurse, der zu geschätzt 40% aus Erasmus Studierenden bestand. Was sehr positiv war, ist, dass die Vorlesungen sehr interaktiv waren, man von Anfang an in Gruppen aufgeteilt wurde, und alle Aufgaben im Laufe des Semesters in diesen Gruppen machen musste. Somit konnte man immerhin ein paar seiner Kommiliton*innen näher kennenlernen, und saß nicht immer nur alleine an seinen Uniaufgaben. Die Professorin war sehr sympathisch und hilfsbereit. Zusätzlich zu den Vorlesungsfolien gab es noch recht viel Literatur, die klausurrelevant war. Davon war aber vieles einfach nur eine detailliertere Form der Folien oder wurde in der Vorlesung besprochen, sodass ich diese Zeit lieber genutzt habe, die Folieninhalte zu lernen, und es hat für die Klausur auch gereicht. Die Note hat sich aus einer Klausur (40%), einem Referat (40%) und 4 Aufgaben (20%) zusammengesetzt. Die Klausur war die schwerste, die ich hier in Valencia geschrieben habe, aber auf jeden Fall machbar. Sie bestand auch nur aus Multiple Choice Fragen, aber diese waren zum Teil nicht ganz eindeutig, oder haben sehr detailliertes Wissen abgefragt.
  • Psychoendocrinology, Prof. Macarena Gonzalez Portilla (4,5 LP): mein zweiter Kurs auf Englisch. Einige Inhalte haben sich mit Biopsychologie wiederholt, aber ich fand es trotzdem sehr interessant. Die Note bestand zu 60% aus Aufgaben, die man entweder einreichen musste oder in Präsenz machen musste (worunter eine Klausur), und einem Essay, in dem man eine von vier möglichen Fragen beantworten musste.
  • Vinculaciones afectivas y educacion afectiva y sexual (emotionale Bindungen und emotionale und sexuelle Erziehung), Prof. Maria Jose Cantero Lopez (4,5 LP): mein absoluter Lieblingskurs. Die Professorin war einfach so begeistert von ihrem Gebiet, und konnte das auch entsprechend rüberbringen. Auch sie hat sehr deutlich gesprochen, sodass ich von Anfang an gut den Vorlesungen folgen konnte. Sie war sehr hilfsbereit und die Vorlesung war sehr anwendungsorientiert. Sie hat regelmäßig potentielle Arbeitsstellen in dem Gebiet präsentiert, es wurde anhand von Videos Analysen zu Bindungsstylen in verschiedenen Altersgruppen geschrieben (es mussten 2 Berichte geschrieben werden, welche jeweils 10% der Note ausgemacht haben), und man mussten ein Paar was länger als 2 Jahre zusammen ist eine Reihe von Fragebögen ausfüllen lassen und anschließend bewerten (30% der Note). Außerdem gab es drei Aufgaben, zu Vorlesungsinhalten, die abgegeben werden mussten, und zusammen 10% der Endnote ausgemacht haben. Die Klausur hat entsprechend 40% ausgemacht, und war sehr fair. Sie bestand aus Multiple Choice und aus offenen Fragen (2 Fall Analysen).
  • Psicobiología de la violencia (Psychobiologie der Gewalt), Prof. Angel Romero Martinez (6LP): ein Fach aus der Kriminologie und definitiv meine größte Herausforderung dieses Semester. Die Vorlesung fand sowohl in Präsenz als auch Online zweimal die Woche statt, da der Professor seine live Vorlesungen einfach über die aula virtual (das Äquivalent zu unserem Moodle, worüber auch die online Vorlesungen gehalten wurden) gehalten hat, und sich alle zuschalten konnten. Meiner Meinung nach eigentlich die bessere Variante, da man so auch mal (z.B. im Fall einer Quarantäne) von zu Hause eine Vorlesung mithören kann, in der man eigentlich hätte anwesend sein müssen. Jedoch war es für mich äußerst schwer, den Professor zu verstehen, weil er sehr viel schneller und undeutlicher gesprochen hat als die anderen, immer zwei Masken getragen hat, und über die aula virtual nur das Mikrophon eingeschaltet hat, nicht die Kamera. Außerdem waren die Folien zum Teil nicht ganz leicht zu verstehen, und wurden oft mündlich ergänzt, sodass in den ersten Wochen vermutlich das ein oder andere an mir vorbei gegangen ist. Die Vorlesungen waren aber trotzdem sehr interessant. Der Professor war immer sehr dynamisch, hat unendlich viele Beispiele gegeben, Anekdoten erzählt und auch die Inhalte waren einfach sehr interessant, insbesondere nach einigen Wochen, als ich dann wirklich fast die kompletten Vorlesungen verstehen konnte. Wöchentliche Aufgaben gab es in diesem Fach zwar nicht, dafür mussten aber zusätzlich zur Klausur zwei recht umfangreiche Hausarbeiten geschrieben und eine Präsentation (nur aufgenommen) gehalten werden. Eine der Arbeiten bestand darin, den Hauptcharakter eines Buches (El Impostor von Javier Cercas) zu analysieren und mögliche biologische Ursachen für das Verhalten zu identifizieren, Behandlungsmöglichkeiten vorzuschlagen, präventive Maßnahmen und Interventionen zu überlegen usw. (10% der Endnote). Die zweite Hausarbeit war eigentlich die gleiche, nur diesmal mit Charakteren aus einem Film, einer Serie oder einer Dokumentation aus einer vom Professor gegeben Liste. Ich habe mich für die Serie El Caso Alcàsser entschieden, weil es eines der wenigen war, die ich auf Netflix finden konnte, und es sich um einen Fall handelt, der in der Nähe von Valencia stattgefunden hat, der bis heute nicht gelöst wurde. Zu dieser Arbeit sollte auch die Präsentation gehalten werden (eine Audioaufnahme mit Präsentation). Beides zusammen hat 20% der Endnote ausgemacht. Die Klausur war echt fair. Der Hauptteil bestand aus Multiple Choice Fragen, und dann konnte man noch 2 offene Fragen beantworten, um Bonuspunkte zu bekommen. Im Großen und Ganze ein sehr interessantes Fach, und auch ein sehr guter Professor, aber man sollte schon genügend Motivation mitbringen, und sich ranhalten, weil diese zwei Hausarbeiten doch recht viel Zeit in Anspruch nehmen, gerade wenn man noch ein paar Schwierigkeiten mit der Sprache hat.

Fazit:

Immer wieder durfte ich mir anhören, wie blöd es ja sein müsse, in Corona Zeiten sein Erasmus Semester zu machen, wie schade es sei, dass man ja gar nicht die volle Erasmus Erfahrung leben kann, und so weiter. Aber was ist denn schon „die volle Erasmus Erfahrung“? Letztendlich ist jedes Erasmus anders, jeder und jede erlebt es auf ganz eigene Art, macht es aus anderen Motivationen, setzt andere Prioritäten. Ja es stimmt, wir konnten nicht feiern gehen, bis in die späte Nacht rein am Strand sitzen und den Wellen lauschen oder konnten uns nur schwer mit allen Freund*innen gleichzeitig treffen. Stattdessen haben wir, bis die Ausgangsperre vorbei war Karten gespielt, zum Party machen Airbnb Wohnungen gemietet, weil wir sonst nirgends hinkonnten (was gibt es Besseres als direkt nach dem Feiern ins Bett fallen zu können?), und die besten Ausreden ausgetauscht, falls man doch mal später nach Hause kam, als die Ausgangssperre es erlaubte. Ich bin auf jeden Fall sehr froh, es trotz Corona gemacht zu haben, und bin mit der Erfahrung, so wie sie ist, rundum zufrieden. Die Stadt hat meine Erwartungen einfach noch übertroffen, mit meinen Kursen hier war ich auch zufrieden, ich habe unfassbar tolle Menschen kennen gelernt und bin unendlich dankbar, die Möglichkeit bekommen zu haben, so eine wertvolle Erfahrung zu sammeln, und werde die schönsten Erinnerungen aus dieser Zeit mitnehmen.

Falls ihr sonst noch Fragen habt, meldet euch gerne bei mir! Carolina Stanisch (carolina.stanisch@stud.uni-heidelberg.de)