Erfahrungsbericht zum Auslandssemester 

Limerick, Sommersemester 2017 (Bachelor)

Bewerbungsverfahren

Die Bewerbung für ein Erasmussemester ist glücklicherweise nicht besonders aufwendig. Praktisch ist, dass man als Gutachter nicht unbedingt einen Professor braucht, sondern jeden Dozenten nehmen darf. Ich habe mir ein Gutachten von einem Doktoranden erstellen lassen, der eins meiner Seminare geleitet hat und mich dadurch auch wirklich kennen gelernt hat. Dadurch war mein Gutachten viel persönlicher und detaillierter, als es die meisten meiner Professoren, die mich nur aus vollen Vorlesungen kennen, hätten schreiben können.

Da es noch eine andere Bewerberin auf den Erasmusplatz in Limerick im Wintersemester gab, wurde ich stattdessen für das darauffolgende Sommersemester zugelassen. Dies hat meinen Studienplan leider ziemlich durcheinander gebracht. Da die Semesterzeiten im Ausland anders sind als bei uns in Heidelberg und mein Auslandsaufenthalt von Januar bis Mitte Mai stattfand, habe ich die letzten vier Wochen des Wintersemesters verpasst. Trotzdem konnte ich Kurse im Wintersemester in Heidelberg belegen. Wichtig ist, dass man frühzeitig seinen Dozenten Bescheid gibt und eine Regelung findet, wie man trotzdem die vollen Leistungspunkte erreichen kann. Meistens habe ich einfach eine längere Hausarbeit geschrieben oder einen zusätzlichen Vortrag gehalten. In einer Vorlesung wurde es mir sogar erlaubt, die Klausur frühzeitig mündlich abzulegen, da ich den eigentlichen Prüfungstermin verpasst hätte.

Da ein Erasmusaufenthalt im Sommersemester mehr Organisationsaufwand bedeutet als im Wintersemester, würde ich prinzipiell eher das Wintersemester empfehlen. Wenn aber aufgrund vieler anderer Bewerber nur das Sommersemester möglich ist, sollte man den Platz trotzdem auf jeden Fall annehmen, da die Erasmuserfahrung trotz allem Mehraufwand genauso toll ist!

Anreise

GANZ WICHTIG: Obwohl in den Unterlagen der Universität steht, dass eine Teilnahme an der Orientierungswoche verpflichtend ist, wird das vor Ort sehr locker gehandhabt und die internationalen Studenten reisen die ganze Woche über an. Gerade weil man im Sommersemester sowieso die letzten Semesterwochen in Heidelberg verpasst, kann es praktisch sein, erst später in der Orientierungswoche dazuzustoßen und dafür eine Sitzung mehr eines Pflichtseminars in Heidelberg zu besuchen. Alle Events in der Orientierungswoche sind freiwillig und gerade die ersten drei Tage wiederholt sich sehr viel.

Ich bin am Abend vor dem Beginn der Orientierungswoche von Frankfurt Hahn nach Dublin geflogen. Obwohl die Anfahrt nach Hahn meistens länger dauert als nach Frankfurt International, ist es trotzdem zu empfehlen, da die Flüge meistens deutlich günstiger sind und man für wenig Geld zusätzliches Gepäck dazu buchen kann.

Von Dublin aus nimmt man dann einen Bus nach Limerick University, die schnellsten Verbindungen (mit einem problemlosen Umstieg nach ca. einer halben Stunde bei der Haltestelle Red Cow Luas kurz hinter Dublin) brauchen für die Strecke knapp drei Stunden. Ein Busunternehmen fährt direkt, ohne Umstieg von Flughafen zu Uni, braucht aber deutlich länger. Es kostet 15 €, von Dublin Airport zum Unicampus zu fahren. Zwar gibt es noch weitere mögliche Flughäfen in Irland (Shannon Airport ist ziemlich nah an der Uni), aber da der Transfer von Dublin zur Uni recht unkompliziert ist, würde ich aufgrund des deutlich größeren Flugangebots einen Flug von Frankfurt aus empfehlen.

Unterkunft

Die Universität Limerick ist eine Campus Universität und circa 20 Minuten vom eigentlichen Stadtzentrum Limerick entfernt. Der Campus selbst ist sehr weitläufig und seine eigene kleine Stadt mit eigenen Supermärkten, Frisören, Geschäften, Bars und eben auch Dörfern („Villages“), wo ein Großteil der Studenten wohnt. Zwar kann man auch „Off-Campus“ privat wohnen, was meistens sogar billiger ist, aber aufgrund der zentralen Lage und des einzigartigen Gefühls, wirklich auf dem Campus selbst zu wohnen, kann ich die offiziellen Wohnheime nur empfehlen. Das preiswerteste ist Plassey Village, wo vor allem irische „First-Year-Students“ und Internationale wohnen. Dort teilt man sich zu acht ein Haus mit zwei Bädern und einem großen Gemeinschaftsraum, der als Küche und Wohnzimmer dient. Jeder hat ein eigenes kleines Zimmer mit Waschbecken. Die gesamte Uni (samt Villages) ist mit WLAN ausgestattet, im Zimmer hat man ein zusätzliches LAN Kabel. Die Miete ist mit circa 480 € pro Monat für deutsche Verhältnisse sehr teuer, aber es ist immer noch das günstigste Studentenwohnheim auf dem Campus. Die Wohngemeinschaften in den einzelnen Häusern ist international sehr durchmischt, was zum kulturellen Austausch beiträgt. Es gibt einen Wäscheraum in Plassey, eine Waschladung kostet drei Euro, Trocknen nochmal drei Euro. Ich war gut mit meinen Mitbewohnern befreundet und habe viele Nachbarn kennen gelernt. Gerade Plassey Village ist für seine vielen Hauspartys und seine gute Stimmung bekannt!

Es gibt eine Village Rezeption, in der man kostenlos Fahrräder für jeweils eine Woche ausleihen kann und wo man den Village Manager, Philipp King, antrifft, der sehr hilfsbereit sich um alle Belange der Dorfbewohner kümmert. Ab und zu gibt es auch Freizeit-Events, die vom Village Manager durchgeführt werden.

20 Gehminuten oder 10 Fahrradminuten entfernt vom Villageeingang gibt es einen Aldi, wo man für irische Verhältnisse günstig einkaufen kann. Direkt neben dem Dorf gibt es einen kleinen Spar- Supermarkt (recht teuer), einen Frisör, eine Apotheke und einen niedergelassenen Arzt, bei dem man sich mit europäischer Krankenkarte umsonst untersuchen und behandeln lassen kann (das ist deshalb wichtig, weil die Uni auch ein eigenes Medizinisches Zentrum hat, wo man allerdings für jeden Arztbesuch 20 € bezahlen muss).

Universität

Die Universität hat ein riesiges internationales Programm, jedes Semester sind rund 800 Austauschstudenten dort. Das International Office ist rund um die Uhr per eMail erreichbar und sehr hilfsbereit. Es gibt ein Buddyprogramm, für das man sich anmelden kann. Ich hatte eine irische Studentin als Buddy, die sich noch um zwei andere internationale Studenten gekümmert hat, und wir haben uns über das gesamte Semester hinweg immer mal wieder getroffen. Sie gab uns viele Tipps und kochte oft irisch für uns. Die Teilnahme am Buddyprogramm kann ich nur empfehlen!

In den ersten zwei Wochen kann man in alle Kurse gehen, die einen interessieren, man meldet seine endgültige Kurswahl erst am Ende dieses Zeitraums. Das ist sehr praktisch, da die Kurse, die man sich vor seiner Abreise für sein Learning Agreement aus dem vorläufigen Modulhandbuch ausgesucht hat, meistens gar nicht stattfinden, beziehungsweise sich mit anderen ausgesuchten Kursen überschneiden. Letztendlich habe ich keinen der zuvor ausgesuchten Kurse tatsächlich belegen können. Das ist aber nicht weiter schlimm, die psychologische Fachkoordinatorin vor Ort ist sehr entgegenkommend und erlaubt auch die Belegung von Masterkursen, sowie fachfremden Kursen.

Generell besteht ein Modul meistens aus einer Vorlesung und einem dazugehörigen Tutorium. Die Vorlesungen finden zum im kleinen Rahmen statt (circa 30 Teilnehmer) und sind sehr interaktiv gestaltet, weshalb sie mehr an deutsche Seminare erinnern. Das Tutorium beinhaltet meistens praktische Übungen. Prinzipiell werden alle Dozenten mit Vornamen angesprochen und das Verhältnis zwischen ihnen und Studenten ist sehr herzlich.

Hausarbeiten werden oft in Gruppenarbeit angefertigt, anders als in Deutschland sucht man sich seine Arbeitsgruppe aber nicht selbst aus, stattdessen werden die Gruppen vom Dozenten eingeteilt. Benotet wird man dann gemeinsam als Gruppe.

Freizeit

An der Uni gibt es über 70 Clubs und Societies, die sehr vielfältige Angebote zur Freizeitgestaltung machen. Sie alle stellen sich auf dem sogenannten „Clubs and Societies Drive“ (meistens am Ende von Woche 2) vor. Der Drive ist eine Art große Messe, auf der jeder Club einen Stand hat und sich Interessenten vorstellt. Beitreten kann man direkt dort für circa 3-5 € pro Club.

Ich selbst bin dem Kayak-Club, den Bogenschießern, dem Outdoor Pursuits Club und der International Society beigetreten. Vor allem die letzten beiden kann ich jedem Erasmus-Studenten nur empfehlen! Die International Society bietet viele sehr günstige und toll organisierte Tagesausflüge am Wochenende rund um Irland an und manchmal sogar Übernachtungstrips und der Outdoor Pursuits Club bietet jeden Sonntag eine Wanderung an, auf der man einen Teil der wunderschönen irischen Landschaft kennen lernt, sowie auch einen dreitägigen Wanderausflug im Februar. Außerdem veranstaltet die International Society jeden Freitagabend eine große International Party im beliebten Campus-Pub „Stables“.

Generell eignen sich die Wochenenden wunderbar, um Irland zu erkunden. Neben den verschiedenen Clubs bietet auch die Universität selbst über die Students-Union einige Ausflüge an (ein bisschen teurer als Ausflüge der International Society, aber immer noch günstig) und es gibt in Irland geführte Bustouren (zum Beispiel von Paddywaggon), die aber nochmal teurer sind als die Uniangebote.

Meine persönlichen Lieblingsorte, die ich in Irland bereist habe, waren die Cliffs of Moher an der Westküste, die Stadt Galway, Dublin, Malahide Castle bei Dublin, Belfast in Nordirland, der Killarney National Park, die Aran Islands und Blarney Castle.

Wenn man Irland bereist, nutzt man keine Züge (außer unmittelbar um Dublin herum), sondern Fernbusse. Diese fahren sehr häufig und verlässlich. Der Busnahverkehr, mit dem man zum Beispiel in die Innenstadt von Limerick fährt, kommt hingegen nie nach Plan, weshalb man sich gut in irischer Gelassenheit üben kann. Auch aus diesem Grund war ich nicht häufig in Limerick City. Zwar kann man dort gut shoppen und feiern gehen, aber es gibt auch auf dem Campus selbst mehrere Pubs, in denen man gesellige Abende verbringen kann.

Traditionelle irische Musik ist mir während meines Aufenthalts in Irland wirklich ans Herz gewachsen. Es gibt viel Live-Musik in den Campus-Pubs, aber auch Konzerte in den Mittagspausen von der Irish World Academy (sozusagen die Musikalische Fakultät der Uni). Viele Pubs in Limerick City haben jeden Abend Live-Musik, besonders empfehlen kann ich den Locke Pub. Die Universität hat eine eigene Concert Hall, in der nicht nur die eigenen Musikstudenten auftreten, sondern auch viele Gastensembles aus aller Welt. Dort gibt es viele Konzerte und Tanzaufführungen, sowie Comedy-Shows. Für 5 € kann man ein sogenannter Freund der Concert Hall werden und bekommt dann immer günstige Rabatttickets und Restkarten angeboten. Ich habe einige Aufführungen in der Concert Hall besucht und wurde nie enttäuscht.

Die Universität hat ein riesiges Sportzentrum auf dem Campus. Für 120 € kann man dort das ganze Semester trainieren oder man zahlt für jeden Besuch einzeln 3 €. Es gibt dort nicht nur einen Fitnessraum, sondern auch einen Olympia-Pool. In dem Sportzentrum trainieren viele Clubs; wenn man mit seinem Club innerhalb einer Trainingsession hingeht, muss man keinen Eintritt zahlen.

Fazit

Abschließend kann ich nur sagen, dass mein Erasmussemester in Irland einfach nur wunderbar war und dass ich die Universität Limerick jedem nur wärmstens empfehlen kann!

Die Iren sind unglaublich gastfreundlich und lassen Gäste gerne an ihrer Kultur teilhaben, begrüßt wird man immer und überall warmherzig auf Gälisch mit: „Fàilte“ – Herzlich Willkommen.