Erfahrungsbericht zum Auslandssemester 

Limerick, Wintersemester 2012/2013 (Bachelor)

Bewerbung und Organisatorisches

Bewerbung

In die Erasmus-Bewerbung sollte ausreichend Zeit und Elan investiert werden- nicht zuletzt, weil teilweise mit anderen Kommilitonen konkurriert werden muss. Neben einem aktuellen Transcript of Records, Motivationsschreiben und Lebenslauf ist für die Bewerbung auch ein Dozentengutachten erforderlich. Ein weiteres benötigtes Formular ist das Learning agreement, in welchem die Lehrveranstaltungen festgehalten werden, die man im Ausland besuchen möchte. Hierbei schreibt die University of Limerick (UL) die Belegung von drei bis fünf Kursen vor, die von der Universität Heidelberg geforderte Mindestanzahl von 30 erbrachten ECTS-Punkten macht jedoch die Belegung von fünf Kursen verpflichtend. Das Learning agreement ist zunächst nur ein vorläufiges Dokument, da sich das Kursangebot der UL häufig noch ändert. Zum Zeitpunkt der Bewerbung muss natürlich auch festgelegt werden, wann genau man im Ausland studieren möchte. Oftmals wird die Meinung vertreten, ein viermonatiges Auslandssemester würde sich nicht wirklich lohnen, ich persönlich habe diesen Zeitabschnitt jedoch für genau richtig empfunden. Möchte man in Limerick studieren, bietet sich das Wintersemester an, da sich die dortigen Vorlesungszeiten des Sommersemesters ungünstig mit jenen der Universität Heidelberg überschneiden.

Weitere organisatorische Dinge

Nach der Zusage durch die Fachkoordinatorin muss man sich beim Akademischen Auslandsamt online registrieren und die Annahmerklärung des Erasmusstipendiums unterschreiben. Spätestens im Juni wird man an der UL angemeldet und erhält daraufhin verschiedene Informationen bezüglich des Campus und der Wohnmöglichkeiten. Zudem muss ein medizinischer Fragebogen zurückgeschickt werden, auf dem ärztlich bestätigt wird, dass man mental und physisch fit für den Auslandsaufenthalt ist.

Anreise

Ich selbst bin mit Aer Lingus geflogen und habe damit gute Erfahrungen gemacht. Diese Airline fliegt von München nach Cork oder von Stuttgart und Frankfurt am Main nach Dublin. Zur Anreise von Heidelberg zum Frankfurter Flughafen kann ich den Shuttleservice der Lufthansa empfehlen. Von Dublin Airport fahren Direktbusse bis nach Limerick, z.B. jene der Gesellschaft Bus Éireann oder von der Busgesellschaft JJ Kavanagh. Die Fahrt dauert etwa 3,5 Stunden, während derer sich jedoch bereits prima erste Eindrücke der irischen Landschaft gewinnen lassen. Alternativ kann man auch zum Shannon-Airport fliegen, der nicht weit von Limerick entfernt ist; hierfür werden allerdings keine Direktflüge angeboten.

Irland

Land und Leute

Irland besticht meiner Meinung nach insbesondere durch seine weitläufige, unberührte Landschaft, weshalb ich nur raten kann, möglichst viele Ausflüge zu unternehmen. Neben Belfast, Dublin, Cork und Galway sind Ausflüge zu den nahegelegenen Cliffs of Moher, dem National Park in Killarney, Connemara und dem Giant’s Causeway in Nordirland ein Muss. Um diese Ziele ohne Auto zu erreichen, bieten sich Busreisen an, die von verschiedensten Unternehmen (z.B. Paddywagon tours) angeboten werden und sich wirklich lohnen! Die meisten Iren habe ich als sehr hilfsbereit, freundlich, offen und auffallend höflich kennengelernt und mich stets willkommen gefühlt.

Sprache

Wie ich durch mein Auslandsstudium gelernt habe, gibt es kein „Hoch-Irisch“, sondern verschiedenste regionale Dialekte- teilweise sprechen die Iren selbst kein „th“! Die meisten Leute in Limerick sind jedoch sehr leicht zu verstehen. Zur Verbesserung der Sprachkenntnisse gibt es die Möglichkeit, English as a foreign language als Modul zu belegen. Hierbei verbessert man nicht nur das eigene Englisch, sondern erfährt von der Dozentin auch viel über irische Eigenheiten und Redewendungen.

Limerick

Limerick ist nach Dublin und Cork die drittgrößte Stadt Irlands und für seine mittelalterliche Entstehung bekannt. Die Top-Sehenswürdigkeit stellt hierbei das King John’s Castle dar, welches eher eine Burg-Ruine ist und 1212 fertig gestellt wurde. Limerick selbst ist meiner Ansicht nach keine besonders hübsche Stadt, hat aber dennoch auch nette Ecken. Außerdem bietet es sehr gute Einkaufsmöglichkeiten (Lebensmittel bei Tesco, günstige und dennoch hübsche Kleidung und Haushaltsartikel bei Penneys, welches mittlerweile in Deutschland als Primark bekannt ist). Am Wochenende findet zudem ein großer überdachter Markt (Milk market) statt. Viele Pubs gibt es auch, die urigsten sind in der Thomas Street zu finden und bieten live music, gerne auch im traditionellen Stil. Wer Limerick einmal googelt, wird auf teilweise erschreckende Meldungen über Gewaltvorfälle stoßen. Diesbezüglich kann ich jedoch beruhigen: natürlich sollte man sich nachts nicht alleine in gewissen Bereichen aufhalten, aber in der Innenstadt und auf dem Campus habe ich mich stets sicher gefühlt.

Die University of Limerick

Allgemein

Bei der UL handelt es sich um eine sehr junge Universität (während meines Aufenthalts wurde das 40-jährige Bestehen gefeiert), die dennoch langjährige Erfahrung im internationalen Austausch vorweisen kann. Ich war eine von 900 internationalen Studierenden, von denen viele auch an „study abroad“-Programmen teilnahmen. Etwa 17.000 Studierende sind an der UL immatrikuliert. Da es sich um eine Campus- Universität handelt, sind die einzelnen Fachbereiche sehr verzahnt (z.B. gibt es keine Psychologie Fachschaft, sondern eine Student Union für die Rechte aller Studierenden). Für Erasmus-Unterlagen wendet man sich aus selbigem Grund vorrangig an das International Office (auch International Education Division genannt) und nicht an die/den Fachkoordinatorin/en.

Der Campus

Der Campus der UL liegt etwas außerhalb von Limerick, eine etwa 30-minütige Busfahrt entfernt. Auf dem Campus befindet sich aber ein SPAR, in dem ausgewählte Lebensmittel und Gegenstände des täglichen Gebrauchs erworben werden können, wenn auch nicht gerade kostengünstig. Zudem sind auf dem Campus ein Buchgeschäft, ein Waschsalon, ein Copyshop, ein Geldautomat, mehrere Bars und viele Cafes zu finden. Besonders bekannt ist die UL für die riesige Sports arena, die wirklich einiges zu bieten hat, z.B. ein Fitnessstudio, ein Hallenbad mit 50-Meter-Becken und eine indoor- Laufbahn. Des Weiteren gibt es verschiedene Konzertsäle. Auch technisch ist die UL gut ausgestattet, neben den vielen PCs in der Bücherei gibt es viele weitere moderne Computerräume. Der Campus an sich ist sehr grün und nach kurzer Eingewöhnungszeit recht übersichtlich. Viele der Gebäude wurden erst kürzlich gebaut und sind dementsprechend hell und modern, es gibt aber auch ein paar weniger schöne Gebäude aus den 70ern. Im Jahre 2007 wurde der Nord-Campus angebaut, der über die Living bridge erreichbar ist. Die meisten Psychologie-Kurse finden übrigens nicht wie zu vermuten wäre im Health Science building statt, sondern im Main building.

Die Betreuung

Die Betreuung an der UL kann als sehr gut zusammengefasst werden. Zwei Tage vor dem eigentlichen Vorlesungsbeginn finden Einführungstage statt, an denen man nicht nur viele andere Erasmusstudierende kennenlernt, sondern hilfreiche Informationen über den akademischen Alltag und die Strukturen der UL erhält, über den Campus geführt wird, und die verschiedenen Societies vorgestellt werden. In der ersten Vorlesungswoche führen einen in speziellen T-Shirts gekleidete Studierende bei Wunsch zu den jeweiligen Veranstaltungsräumen.

Die Mitarbeiter des International Office sind sehr fit und halten einen über wichtige Informationen per Mail auf dem Laufenden. Zudem organisieren diese Freizeitangebote wie eine kostenlose Limerick-Stadtrundfahrt. Des Weiteren ist die Teilnahme am „Buddy- Programme“ möglich: hierbei wird man einem irischen Studierenden zugewiesen, der als Ansprechpartner bei weiteren Fragen fungiert. Dies kann ich nur empfehlen, da einem dadurch nicht nur der Unistart erleichtert wird, sondern man auch die Chance hat, irische Studierende näher kennenzulernen. Außerdem bietet die Student Union gute Unterstützungsangebote, z.B. den Exam hub, in dessen Rahmen Informationen zum Prüfungsablauf und Gratis-Kaffee in der Prüfungszeit verteilt werden.

Akademischer Alltag

Ein Semester an der UL umfasst 15 Wochen. In den ersten 12 Wochen finden Veranstaltungen statt, die 13. Woche ist reading week, die zur Prüfungsvorbereitung dient, und die Wochen darauf finden Prüfungen statt. In den meisten Fächern sind den Vorlesungen Tutorien zugeordnet, in meinen Kursen war dies jedoch nicht der Fall, so dass ich recht wenige Präsenzzeit hatte. Die Vorlesungen und Seminare dauerten zwei volle Stunden, wobei häufig nach der Hälfte eine kurze Pause gemacht wurde. Für Labs herrscht strenge Anwesenheitspflicht- jedes unentschuldigte Fehlen führt zu einer Verschlechterung der Note um 5%, und nach mehr als zwei Fehlterminen ist ein Bestehen nicht mehr möglich. Bei der Auswahl der Kurse gab es leider ziemlich wenig Auswahl, da das Psychology Department sehr klein ist. Meine Dozierenden waren alle recht jung, sehr offen und hilfsbereit.

Die eigentliche abzuleistende Prüfungsleistung hängt vom jeweiligen Modul ab. In manchen Kursen musste ich zwei Essays abgeben und dafür am Ende keine Klausur mehr schreiben. Die Klausuren sind häufig nicht im Multiple-Choice-Format, sondern umfassen mehrere Essayfragen. Der Ablauf ist sehr aufwendig und ähnelt jenem des Abiturs. Die Ergebnisse kann man einen Monat später im Onlineportal einsehen und bekommt das Transcript of Records daraufhin an die Heimatadresse geschickt. Bei etwas Fleiß können die Kurse ohne Probleme wirklich gut bestanden werden. Das empfiehlt sich übrigens auch, da Nachschreibklausuren in Limerick erst im Sommer stattfinden und ziemlich kostenpflichtig sind.

Soziales

Angst davor, in Limerick zu vereinsamen, braucht niemand zu haben, denn die UL bietet allerlei Freizeitmöglichkeiten für jeden Geschmack. Es gibt über 70 Societies, die ein breites Spektrum an Aktivitäten anbieten, wie verschiedenste Sportarten, Musik- und Diskussionsgruppen. Unbedingt sollte man der International society beitreten, die verschiedenste Partys und Ausflüge organisiert. Darüber hinaus kann man sich in einem der zahlreichen Cafes des Campus treffen, und für abends gibt es ein paar Bars. Legendär sind diesbezüglich die Stables, dort findet jeden Freitag eine von der International society organisierte Mottoparty statt. Neben dem Angebot auf dem Campus sollte man aber auf alle Fälle auch in die Stadt fahren, da nur dort das wahre „Pub-Feeling“ aufkommt.

Irischer Alltag

Wohnen

Die UL bietet mehrere „on-campus“-Wohnheime, die generell recht gut ausgestattet sind und nahe den Universitätsgebäuden liegen. Ich wohnte in Cappavilla, einem der neusten Wohnheime, das sehr gepflegt und gut ausgestattet war. Internet habe ich über das UL- Netz erhalten und meine fünf Mitbewohner kamen aus verschiedensten Ländern bzw. Kontinenten. Der Fußweg zu den Unigebäuden betrug ca. 15 Minuten, was für die UL und Irland allgemein kurz ist. Eine etwas billigere Alternative zu den „on-campus“- Wohnheimen stellen die Wohnheime Brookfield oder Parkview hall dar, wofür man jedoch 25 Minuten zum Campus laufen oder mit dem Bus dorthin fahren muss. Allerdings liegen diese Wohnheime nur wenige Minuten entfernt von einem Aldi, was nicht zu verachten ist. Generell empfiehlt es sich, sich mehrere Monate vor der Abreise um ein Wohnheimszimmer zu bewerben, um sicher einen Platz zu bekommen.

Finanzielles

Die Lebenserhaltungskosten in Irland sind deutlich teurer als in Deutschland, so habe ich für meine Einkäufe ungefähr das Doppelte ausgegeben als in Heidelberg. Lediglich Kleidung ist dank Penneys sehr günstig zu erwerben, und auch Busfahrten sind recht billig. Monatlich sollte man insgesamt mit mindestens 1000 € rechnen, weitere Kosten für Ausflüge sind dabei noch nicht eingerechnet.

Einkaufen

Günstigere Alternativen zum Spar auf dem Campus sind Tesco oder Aldi. Beide Geschäfte sind aber leider recht weit entfernt (der Aldi ist etwa 20 Minuten vom Campus-Zentrum und um zum Tesco zu kommen, muss man in die Stadt fahren). In den meisten Geschäften werden Kreditkarten akzeptiert, nicht aber bei Spar und Aldi.

Öffentliche Verkehrsmittel

Das Hauptverkehrsmittel in Irland sind Busse, dabei stellt Bus Éireann das größte Unternehmen dar. Die Fahrt mit Bussen funktioniert recht gut, allerdings kann es vorkommen, dass ein Bus voll ist und man auf den nächsten warten muss. Des Weiteren enthalten Busfahrpläne nur Anfangs- und Endhaltestellen, Zwischenhalte und deren Zeiten werden nicht angegeben. Von der Bushaltestelle auf dem Campus kann man wochentags alle 15 Minuten in die Stadt fahren. Die Studentenwohnheime auf dem Campus haben leider keine eigenen Bushaltestellen, weshalb besonders nachts oft mit dem Taxi gefahren wird. Zu meiner Zeit wurde allerdings der Eurobus eingeführt, der praktischerweise bei allen Studentenwohnheimen gehalten hat. Mit dem Zug wird in Irland nur selten gefahren und die Bahnhöfe sind dementsprechend klein. Bei Zugreisen ist zudem zu beachten, dass das Ticket im Internet oder telefonisch vorbestellt werden muss und dann am Tag der Abreise am Automaten bezahlt wird. Ohne diese Vorbestellung kostet das Ticket doppelt so viel wie im Internet angegeben!

Fazit

Abschließend kann ich nur sagen, dass mir mein Aufenthalt in Limerick sehr gefallen hat und ich auf zahlreiche positive und bereichernde Erfahrungen zurückblicken kann. Das Erasmussemester hat mir nicht nur ermöglicht, Menschen aus aller Welt kennenzulernen, sondern ich konnte auch erfahren, wie das (Uni-)Leben in einem anderen Land abläuft und in die irische Kultur eintauchen. Natürlich war auch so manche Herausforderung zu meistern, aber insgesamt kann ich ein Auslandssemester wärmstens empfehlen und würde mich immer wieder für ein solches entscheiden.