Erfahrungsbericht zum Auslandssemester 

Madrid, Wintersemester 2013/2014

Universität

Anfahrt

Der Campus der Universidad Autónoma de Madrid (kurz UAM) liegt nördlich von Madrid, etwas außerhalb der Stadt. Mit dem Nahverkehr (Cercanías) dauert es vom zentralen Platz Puerta del Sol etwa 20 Minuten, es sollten allerdings etwa weitere zehn Minuten Fußweg vom Campusbahnhof zur psychologischen Fakultät eingerechnet werden. Das Monatsticket kostet für Jugendliche bis 23 Jahre knapp 40 Euro im Monat (Zone B1, abono joven) und gilt für alle Busse, U-Bahnen und Cercanías. Von der Beantragung in einem estanco oder tabaco (Kiosk) bis zum Erhalten der Karte kann es allerdings zwei bis drei Wochen dauern.

Studium

Das Studium an der UAM kann man als verschult bezeichnen, der Unterricht findet meist frontal statt. Das Verhältnis zwischen Dozenten und Studierenden ist dennoch persönlich, in der Regel werden die Professoren von allen Studierenden geduzt.

Der Arbeitsaufwand ist schwer zu verallgemeinern. Es gibt fünfstündige Grundlagenveranstaltungen und dreistündige Wahlvertiefungsfächer, wobei es auch möglich ist, nur Wahlfächer zu belegen. Das ergibt insofern auch Sinn, da viele bereits vor ihrem Auslandsaufenthalt alle Pflichtfächer belegt haben. Auch sind die Klassengrößen hier kleiner. Je nach Veranstaltung müssen Hausarbeiten, Projektarbeiten, Arbeitsblätter oder ähnliches eingereicht werden, in anderen gibt es nur eine Endklausur oder Teilprüfungen. Grundsätzlich bestehen die Veranstaltungen aus einem theoretischen und einem praktischen Teil, die End- note setzt sich je nach Gewichtung aus den beiden Teilen zusammen. Zu Beginn des Semes- ters können die Anforderungen unüberschaubar und hoch wirken. Letztlich ist der Anspruch allerdings geringer als in Deutschland und in der Regel sind gute Leistungen ohne große Probleme und ohne übermäßigen Aufwand erreichbar.

Prüfungen

Die wichtige prüfungsrelevante Literatur ist ausschließlich in spanischer Sprache. Es gibt zwar in den weiterführenden Literaturhinweisen meist englische Fachliteratur; sie wird jedoch von den spanischen Studierenden weitestgehend gemieden und ist auch in den Klausuren nicht relevant. Manche Dozenten bieten den ausländischen Studierenden an, Klausuren oder Hausarbeiten in englischer Sprache zu verfassen. Wer nicht jedes Mal an den Campus zum Lernen fahren möchtet, kann sich z.B. kostenlos einen Ausweis für die Biblioteca Escuelas Pias in Lavapiés ausstellen lassen und dabei in einer alten Kirchenruine lernen.

Die Klausuren sind größtenteils im Multiple-Choice-Format, wobei falsche Antworten meist Punktabzüge einbringen. Da die Antwortbögen maschinell ausgelesen werden und spanische Ausweisnummern nur aus Ziffern bestehen, kann es zu Problemen mit den neuen deutschen Personalausweisnummern geben, da sie auch Buchstaben enthalten. Damit es bei der Auswer- tung und Notenzuordnung nicht zu unnötigen Verzögerungen kommt, ist es sinnvoll, den Dozenten zu Beginn der Klausur auf das Problem aufmerksam zu machen. Im Normalfall gibt es dann die Noten zeitnah nach der Klausur, meist schon in der folgenden Woche.

Sprachkurs

Jedem Erasmus-Studierenden an der UAM steht ein kostenloser semesterbegleitender Sprach- kurs (im Wintersemester Niveau A1 bis B2, im Sommersemester A1 bis C1, DELE) zu. Je nach Dozenten wird das Gewicht mehr auf Grammatik oder Konversation gelegt. Wer zwei Semester bleibt und in jedem Semester einen Kurs machen möchte, muss den zweiten Kurs bezahlen (ca. 120 Euro). Die Kurse lohnen sich sowohl für Studierende, die nur ihre vorhandenen Sprach-/Grammatikkenntnisse auffrischen wollen, als auch für Neueinsteiger. Zu Beginn der Semester gibt es jeweils Einstufungstests; dennoch variieren die Vorkenntnisse innerhalb der Niveaus sehr stark, was jedoch nicht negativ zu bewerten ist. Der Sprachkurs ist auch eine gute Möglichkeit, fachfremde ausländische Studierende kennenzulernen.

Alltag

Wohnungssuche

Von Erasmus-WG, Zweckgemeinschaft, Berufstätigen-WG bis zur Untermiete bei einer Rentnerin oder einfach alleine – die Entscheidung, wie man gerne wohnen möchte, muss je- der für sich alleine treffen. Habt Mut, etwas Neues auszuprobieren, habt nicht unbedingt über- höhte Ansprüche, aber scheut auch nicht davor zurück, nach ein paar Monaten umzuziehen, wenn es einfach nicht passt.

Am einfachsten ist es, die ersten Tage in einem Hostel zu verbringen und dann vor Ort nach einem Zimmer zu suchen. Hilfreiche Seiten sind idealista.com und pisocompartido.com. Mietverträge sind nicht üblich, werden aber auf Anfrage ausgestellt. Bei der Miete sollte da- rauf geachtet werden, ob Nebenkosten (gastos) eingeschlossen sind. Sie betragen in der Regel 30 bis 50 Euro pro Person und Monat. Werdet skeptisch, wenn ihr die Kaution an den Vormieter geben sollt. Dies bedeutet meist, dass ihr selbst dafür verantwortlich seid, einen Nachmieter zu finden, damit ihr wiederum eure Kaution zurückerhaltet – das kann gerade in de Sommermonaten schwierig werden.

Sport

An der Uni gibt es zwar ein breitaufgestelltes Sportangebot, es hat aber auch seinen Preis. Ein Semester Zugang zu Schwimmbad und Fitnessraum und Teilnahme an einer Aktivität kostet ca. 130 Euro (inkl. Anmeldegebühr). Wer, wie in Heidelberg, ein kostenloses Angebot ge- wohnt ist, und auf weitere Ausgaben verzichten möchte, hat auch Alternativen. Gute Joggingstrecken, Radfahr- und Inline-Skates-Möglichkeiten gibt es etwa im Retiro Park oder auch am Fluss Manzanares oder in der Casa de Campo.

Freizeit

Das Schönste an Madrid ist die Vielfalt, die es bietet. Gerade abseits des ganz touristischen Stadtkerns, gibt es einige alternative Selbstverwaltungszentren, die unter anderem kostenlos Yoga- und Salsastunden anbieten, z. B. die Tabacalera in Embajadores oder den Patio Maravillas in Malasaña. Sehenswert sind aber sicherlich auch die Kunstmuseen, dabei würde ich aber eher das Reina Sofia und das Thyssen-Bornemisza empfehlen, als den sehr klassi- schen Prado. Auch der Circulo de Bellas Artes bietet manchmal interessante Fotographie- Ausstellungen, etwa World Press Photo.

Nicht zu vergessen natürlich die allgegenwärtige Tapaskultur in den unzähligen kleinen und großen Bars und Cafés. Ein kleines Bier (caña) kostet meistens zwischen 1 und 1,50 Euro, ein café con leche ebenso. Gute Gegenden für eine Kneipen- oder Tapastour sind Lavapiés (vor allem Calle Argumosa und die Straßen um die Calle Santa Isabel) und Malasaña (Corredera Baja de San Pablo). Für einen ruhigen Moment lohnen sich auch die Café Librerías – Café und Buchladen in einem – z. B. die Fugitiva in der Calle Santa Isabel.

Reisen

Die Lage Madrids im Zentrum Spaniens bietet den unglaublichen Vorteil, Spanien in alle Richtungen erkunden zu können. Günstige Reisemöglichkeiten sind Mitfahrgelegenheiten (blablacar.es), Reisebusse (z.B. alsa.es) oder Zugfahren mit Gruppenrabatt (vier Personen), günstige Ryanair-Flüge gibt es nach Portugal oder Marokko.

Nach so vielen Informationen und bürokratischen Hürden noch ein kleiner Hinweis: Planen ist wichtig und gibt Sicherheit, gerade, wenn es ins Ausland geht. Haltet aber nicht zu fest an euren Plänen fest. Am Ende kommt doch vieles anders. Und gerade die schönsten Erlebnisse ergeben sich ganz unerwartet. Einfach ankommen, mit offenen Augen durch die Welt gehen und sich fallen lassen.