Erfahrungsbericht zum Auslandssemester 

Madrid, Wintersemester 2013/2014 (Bachelor)

Um mein Spanisch aufzufrischen, einmal in einer Großstadt zu leben und eine andere, spannende Kultur kennenzulernen, habe ich mich für ein Auslandssemester in der spanischen Hauptstadt Madrid entschieden.

Bewerbung und Vorbereitung __________________________

Für das Semester an der Universidad Autónoma habe ich mich über mein Nebenfach Psychologie beworben. Vorgabe war hierbei während des Auslandssemesters mindestens 50 Prozent der Veranstaltungen im Fach Psychologie zu belegen. Ein Sprachnachweis wurde seitens der Universität nicht verlangt. Es gilt jedoch zu bedenken, dass alle Kurse der Fakultät auf Spanisch sind und ein gutes Spanisch-Niveau von Vorteil ist.

Für die Zimmersuche empfehle ich die Seite www.idealista.com. Möchte man zentral in Madrid wohnen, sollte bei der Lage darauf geachtet werden, dass die Wohnung in der Nähe einer Station der Renfe Cercanias Linie C4 liegt (zum Beispiel Atocha, Sol, Nuevos Ministerios). Meiner Meinung nach ist es weniger lohnenswert in eine der vielen "Erasmus- WGs" zu ziehen, hier zahlt man oft unverschämte Preise und spricht Englisch statt Spanisch. Viele spanische Studenten leben etwas weiter außerhalb, man sollte also nicht enttäuscht sein bei der Suche auf viele "Zweck-" und Berufstätigen-WGs zu stoßen. Ich hatte großes Glück und habe ein Zimmer im schönen Stadtteil la Latina mit zwei netten Mitbewohnern gefunden. Gezahlt habe ich 350 € im Monat. Hinzukamen wie in den meisten Zimmern gastos, die im Winter wegen schlechter Isolierung und Elektroheizung schnell stiegen. Weiterhin sollte man wissen, dass Mietverträge meist nicht ausgestellt werden und dass zu Beginn oft eine fianza von einer Monatsmiete verlangt wird.

In Madrid angekommen sollte ein Abono mensual für die öffentlichen Verkehrsmittel rasch beantragt werden. Dies erhalten unter 23- jährige zu reduziertem Preis für etwa 40 Euro. Das Abono Joven kann im Estanco/Tabaco beantragt werden, hierzu benötigt man ein Passfoto und eine Ausweiskopie. Es dauert zwei bis drei Wochen, bis das Ticket abgeholt werden kann.

Unistart und Studium

Die Universidad Autónoma ist eine große Campus-Universität außerhalb Madrids. Die erste Anmeldung findet im ORI ( Oficina de Relaciones Internacionales) auf dem Plaza Mayor statt. Ein Orientierungsvideo findet ihr bei Youtube unter "primeros pasos de un Erasmus en la Universidad Autónoma" (http://www.youtube.com/watch?v=431U2J5p8XA).

Im Anschluss ist das ORI der jeweiligen Fakultät Ansprechpartner, ins Besondere im Bezug auf Änderungen des Learning Agreements. Hier wurde ein Datum festgelegt bis zu dem Änderungen durchgeführt werden durften. Da Informationen zu einzelnen Fächern im Vorhinein spärlich sind, empfehle ich die erste Woche zu nutzen, Anforderungen verschiedener Veranstaltungen zu vergleichen. Hier ist zu beachten, dass Fächer, die unter obligatorio fallen fünf- stündig sind und im festen Klassenverbund stattfinden, wohingegen optativas drei Wochenstunden haben und die Gruppen gemischter sind, da die Studenten diese selber wählen. Letztere sind empfehlenswert um leichter Anschluss zu bekommen.

Insgesamt ist die Lehre an der Autónoma im Vergleich zu der in Heidelberg sehr verschult. Dies hat seine Vor- und Nachteile. Mir persönlich hat der größere Praxisbezug gefallen. So besteht ein Fach immer aus zwei Teilen: Teoría und practicas. In Letzterem gibt es meist Anwendungsaufgaben. Dies bringt mit sich, dass insgesamt mehr Leistungsnachweise unter dem Semester verlangt werden, oft in Form von Gruppenarbeiten. Mir hat es sehr gut gefallen Einblicke in ein anderes Unisystem zu erhalten und dieses mit dem Deutschen zu vergleichen. So habe ich etwa gelernt die "Freiheiten" zum Beispiel in der Fächerwahl und die Selbstständigkeit in meinem Studium in Deutschland schätzen zu lernen.

Während des Semester werden kostenlos Spanischkurse für Erasmusstudenten angeboten. Hierzu muss in den ersten Wochen an einem Einstufungstest teilgenommen werden. Ich habe einen dieser Kurse besucht und konnte durch meine lustige Lehrerin nicht nur viel sprachliches auffrischen, sondern nebenbei auch viel über die spanische Kultur lernen.

An der psychologischen Fakultät der Autónoma gibt es sehr viele Erasmusstudenten besonders aus Italien und Deutschland, um spanische Kontakte zu knüpfen empfehle ich daher auch ruhig Fächer zu belegen, in denen nicht weitere fünf bis zehn Erasmusstudenten angemeldet sind.

Leben in Madrid

Entspannen im Retiro-Park, Bummel durch Malasaña, Sonntagsbesuch auf dem berühmten Rastro...Madrid ist weniger eine Touristenhochburg mit vielen Attraktionen, sondern mehr eine Stadt zum Leben und Genießen.

Das Zentrum ist hierbei relativ überschaubar und vieles ist zu Fuß zu erreichen. Von den Städten, die ich bis jetzt kennenlernen durfte, ist Madrid, wohl die mit der höchsten Bardichte. Dies sollte man ausnutzen und auf nächtlich Entdeckungstouren gehen. Zum Tapas probieren und gemütlich "etwas trinken gehen" empfiehlt sich la Latina. Gleich daneben liegt Lavapies ein "Multikulti-Viertel" in dem besonders die etwas alternativere Szene zu Hause ist, "Hipster-Cafés und -Läden" lassen sich nördlich der Gran Via in Malasaña finden.

Sehr zu empfehlen sind außerdem die verschiedenen Kulturzentren der Stadt wie zum Beispiel die Tabacalera in Lavapies, hier wartet ein vielseitiges, kostenloses Freizeit- und Sportangebot. Außerdem gibt es im Stadtzentrum öffentliche Bibliotheken wie die der UNED in Lavapies, die eine tolle Möglichkeit bieten in netter Atmosphäre was für die Uni zu tun.

Neben Madrid hat Spanien viele wunderschöne kleinere Städte, zu denen sich Wochenendausflüge allemal lohnen. Ich habe so zum Beispiel Ausflüge nach Toledo, Segovia und Cuenca gemacht, sowie nach Valencia ans Meer und nach Granada und Sevilla im Süden Spaniens. Die Busverbindungen von Madrid aus sind sehr gut und preiswert. Auch mit der Mitfahrerzentrale blablacar.com habe ich positive Erfahrungen gemacht.

Fazit ______

Insgesamt rate ich jedem diese tolle Möglichkeit im Ausland zu studieren zu nutzen. Wenn möglich sogar für ein ganzes Jahr. Denn ein Semester verfliegt viel zu schnell und ich musste gehen, als ich mich gerade eingelebt habe.

Madrid kann ich nicht nur empfehlen, weil es eine wunderschöne Stadt ist, sondern auch weil hier Castellano und nicht einer der vielen Dialekte gesprochen wird.

Und ein nicht zu unterschätzender Grund ist natürlich auch, dass fast jeden Tag die Sonne scheint!