Erfahrungsbericht zum Auslandssemester 

Madrid, Wintersemester 2018/2019 (Bachelor)

Da für Madrid schon einige Erfahrungsberichte vorliegen, versuche ich lediglich aufzuschreiben, was mir noch zusätzlich aufgefallen ist oder was ich anders erlebt habe.

Wohnen

Das Wichtigste für mich bei der Wohnungssuche war, dass mein Zimmer ein Fenster haben würde. Mit dem Madrider Boom wollten viele Wohnungseigentümer möglichst viel Geld mit ihren Wohnungen machen und zogen deswegen willkürlich Wände durch ihre Wohnungen. Dies hat zur Folge, dass es zahlreiche Zimmer gibt, die entweder gar kein Fenster haben oder – noch schlimmer – ein Fenster in den eigenen Wohnungsflur.

Wohnungssuche: Bei der Wohnungssuche hatte ich Glück, da ich am Tag meines Auszuges in Heidelberg einen Bekannten traf, der ein Semester vor mir in Madrid studiert hatte und mir die Telefonnummer seines Vermieters gab. So ersparte ich mir den Stress der Wohnungssuche vor Ort. Wenn man also die Möglichkeit hat, sich von Deutschland aus eine Wohnung zu organisieren, würde ich das jedem raten. Es kommt dann vor Abflug und in Madrid doch einiges an organisatorischen Dingen zusammen, weswegen ich das Wegfallen der Wohnungssuche als sehr entlastend empfunden habe. Allerdings kenne ich auch einige Personen, die sich vor Ort etwas gesucht haben. Dies ist dann natürlich etwas stressiger, man sollte am besten Mitte August anreisen, damit man ausreichend Zeit hat und vor dem großen Erasmusansturm, sprich mit weniger Konkurrenz, dort ist. Wenn du magst, kannst du mich gerne kontaktieren. Dann kann ich dir die Kontaktdaten meines Vermieters geben. Lage. Ich selbst habe in Lavapiés gewohnt und würde jederzeit wieder dorthin ziehen. Es gibt zahlreiche Cafés, einen Lidl (die günstigste Möglichkeit überhaupt, um seine Wocheneinkäufe zu erledigen), man ist nah am Retiro, an den Museen, am Palacio Real, 10 Minuten von Sol (Stadtzentrum) entfernt und hat mehrere U-Bahnstationen in der Nähe. Manchen scheint Lavapiés zu gefährlich. Dieser Eindruck konnte sich mir überhaupt nicht bestätigen. Ich habe Lavapiés als sehr authentisch, multikulturell und gelassen empfunden. Weitere Viertel, in denen es sich anbietet zu wohnen, sind die Viertel um Sol herum: La Latina, Malasana, Barrio de las Lettras, Chueca, Barrio de los Austrias. Preis. Wer die Heidelberger Mietpreise gewöhnt ist, wird nicht allzu schockiert von denen in Madrid sein. Allerdings ist Madrid bezüglich der Mietpreise noch einen Ticken teurer. Die meisten ERASMUS-Studenten zahlen für ihr Zimmer mit durchschnittlich 15 Quadratmetern, in einer zentral gelegenen WG mit 6-9 Mitbewohnern 450 bis 550€. Ich hatte durchaus Kommilitonen, die mehr als 600€ gezahlt haben. Ich finde, das ist zu viel. Man findet leicht etwas Günstigeres zu ähnlichen Konditionen.

Sprache

Wenn man kein Spanisch sprechen möchte, kann man dem in Madrid gut entgehen. Mir ist das ein wenig zum Verhängnis geworden und ich muss rückblickend sagen, dass ich mir erhofft hatte, größere sprachliche Fortschritte zu machen. Schnell baut sich der Freundeskreis aus nur ERASMUS-Freunden auf und die wenigen Spanier, die man kennen lernt, freuen sich meist, ihr Englisch verbessern zu können. Um sich dem entgegenzusetzen, kann man zum Beispiel bei der Wohnungssuche darauf achten, dass man mit Spaniern zusammenwohnt, aktiv den Kontakt zu Spaniern aufsuchen (der kommt nämlich meist nicht von alleine zu standen oder zumindest sehr viel weniger automatisch als der Kontakt zu den ERASMUS-Studenten), sich Tandempartner suchen, Unikurse auf Spanisch belegen oder sich mit Freunden darauf einigen, Spanisch zu reden. Nur weil man in einer spanischen Stadt wohnt, heißt das leider nicht, dass man automatisch seine Sprachkenntnisse verbessert.

Reisen

Als ERASMUS-Student hat man vergleichsweise wenig zu tun. So habe ich häufig Zeit gefunden, das Land Spanien besser kennenzulernen. Folgende Orte lohnt es sich zu besuchen, wenn man in Spanien ist:

  • Segovia, Toledo, Valle de los Caidos, El Escorial -> 1-Tagesausflüge jeweils 1-2 Stunden von Madrid entfernt
  • Salamanca
  • San Sebastian, Bilbao -> Baskenland
  • Málaga, Granada, Sevilla, Córdoba, Ronda, Gibraltar -> Andalusien
  • Mallorca
  • Porto und Lissabon -> Portugal
  • Kanarische Inseln
  • Marokko

Kosten

Außerhalb Madrids ist das Leben in Spanien unglaublich günstig. Häufig kann man sich für 3€ satt essen und ein Mojito kostet 2€. In Madrid selbst sind die Preise ähnlich zu denen in Deutschland. Was allerdings den Geldbeutel fordert, ist der ERASMUS-Lifestyle. Reisen, feiern, essen gehen, shoppen, Eintrittspreise und touristische Aktivitäten ließen mich fast das doppelte von dem ausgeben, was ich normalerweise monatlich in Heidelberg ausgebe.

Sport

Ich war zuerst beim Vivagym (33€ mtl.) und dann bei Fitupgym (22€ mtl.) angemeldet. Beim ersteren störte mich, dass man sich zu den Kursen vorher anmelden musste. Ansonsten war ich mit beiden Fitnessstudios sehr zufrieden. Ansonsten kann man gut am Fluss in Madrid entlangjoggen oder an der Uni Sport machen.

Transport

Ich kann jedem nur wärmsten ans Herz legen, sich schnellstmöglich einen Account für die E- Bikes, die an jeder Ecke stehen, zu erstellen. Dieser läuft über die Metrocard, die in einem anderen Bericht schon erläutert worden ist. Es macht einfach extrem Spaß nachts mit 30 KmH durch die Straßen durch die Straßen Madrids zu düsen.

Struggling with being Erasmus

Wer sich dazu entscheidet, ein ERASMUS-Semester zu machen, hat meist die Erwartung, das tollste halbe Jahr seines Lebens vor sich zu haben. Zweifelsohne sind die Konditionen, eine wunderschöne Zeit zu haben, hervorragend. Das Leben als ERASMUS-Student ist ein sehr einfaches. Selten lernt man so schnell Leute kennen, hat man so wenige Verpflichtungen und so viele Möglichkeiten, seine Freizeit zu gestalten. Allerdings können Superlative schnell enttäuscht werden. Für mich hat es einige Zeit gedauert zu erkennen, dass ich nicht auf jeder Hochzeit tanzen muss und auch im ERASMUS-Semester so etwas wie einen Alltag brauche. Zu Weilen hatte ich zwar zahlreiche Menschen um mich herum, enge Freundschaften brauchen allerdings ein wenig Zeit, um zu wachsen. Auch viele (heutige) Freunde von mir hatten nach ein, zwei Monaten eine kurze Periode der Ernüchterung. Im Endeffekt würde ich dieses Semester nie missen wollen. Ich habe unglaublich viel erlebt, neue Freundschaften geschlossen und vieles über mich selbst gelernt. Was ich sagen will, ist, dass es durchaus legitim ist, Tage zu haben, an denen es einem nicht superduperultimativ gut geht, obwohl in Madrid gefühlt immer die Sonne am türkisblauen Himmel strahlt.