Erfahrungsbericht zum Auslandssemester 

Madrid, Sommersemester 2018 (Bachelor)

Ankommen / Wohnen:

Zu Beginn mietete ich ein AirBnB-Zimmer, um vor Ort nach einer WG zu suchen. Diese Idee stellte sich zum Einen als gut heraus, da ich so einen Überblick darüber hatte, wo es schön und praktisch ist, zu wohnen, auf der anderen Seite hatte ich viel Druck, schnell etwas zu finden, wodurch ich dann auch letztendlich eine WG gewählt habe, in der ich mich im Nachhinein sehr unwohl gefühlt habe. In dem AirBnB war ein ständiges Kommen und Gehen von Touristen, die sich ein Zimmer in der Wohnung für wenige Tage mieteten, oder in derselben Situation waren, wie ich. Meine Vermieter konnten mir einige Tipps geben, was es in Madrid zu sehen gibt. Dennoch war die Stimmung sehr „kommerziell“, und ich war sehr froh, nach 2 Wochen in meine „richtige“ WG zu ziehen. Ich würde eher empfehlen, von Deutschland aus in Ruhe eine nette WG zu suchen und einfach zu skypen. Die Lage zur Uni kann man über die Karte ganz gut einschätzen. Ich habe in Rios Rosas an der Haltestelle Cuatro Caminos gewohnt, was lagentechnisch perfekt war, weil es genau zwischen Zentrum und Uni liegt.

WGs kann man gut über die Webseite idealista.com suchen. Es gibt aber sogar auch Anzeigen auf „wg-gesucht“, was wahrscheinlich netter ist, weil da die WGs selbst suchen. Auf idealista.com suchen eher Vermieter, wodurch die WGs zusammengewürfelt werden, ohne dass sich die Bewohner besonders mögen müssen. Bestimmt gibt es auch noch mehr Seiten, die ich nicht ausprobiert habe.

Mieten sind in Madrid sehr viel teurer, als ich erwartet hatte. Die Mietpreise sind in den letzten 2 Jahren deutlich gestiegen, wie ich durch meine Mitbewohner erfahren habe. Ich habe 500 Euro im Monat gezahlt, was durchschnittlich viel ist, aber dafür, dass ich so kurzfristig geschaut habe, sogar ganz gut war. Wohnheimsplätze für Erasmusstudierende gibt es auch, die kosten allerdings 600 Euro/Monat und sind sehr begehrt, weil sie direkt auf dem Campus sind, und dementsprechend schon Monate vorher vergeben.

Generell wohnten eigentlich alle „Madrilenos“, die ich an der Uni und im Sport kennen lernte, bei ihren Eltern. In meiner 6er-WG waren nur Spanier und Spanierinnen, was auf jeden Fall sehr gut war, um die Sprache auch im Alltag, und nicht nur im Sprachkurs zu üben. In der Uni waren zwar alle Kurse auf spanisch, aber mich gemeldet und etwas gesagt oder diskutiert habe ich wenig, und meine KomilitonInnen waren auch nicht extrem interessiert an langen Gesprächen, wodurch es dann echt gut war, daheim spanisch zu sprechen.

Uni:

Ich hatte 4 Kurse: farmacología de la conducta, psicopatología infantil, einen fachfremden Kurs (aus der Kultur- und Sozialanthropologie: simbolismo, cognición y estructura social) und den Spanischsprachkurs (für B1-Niveau). Vor allem der fachfremde Kurs hat mir extrem gut gefallen, weil es eine ganz andere Art des Studierens war: Der Prof saß auf einem Tisch vor ca. 20 Studierenden und hat frei mit Hilfe seiner Notizen erzählt, ganz ohne Folien, und dann wurde diskutiert und gefragt. Außerdem mussten wir fast jede Woche einen Text lesen und 2 Essays (ohne jede Vorgabe, unsere Gedanken zu den Themen) abgeben. Dadurch war der Aufwand relativ hoch, aber ich habe mehr Leute kennen gelernt und auch irgendwie mehr „mitgenommen“ und Neues gelernt.

Der Spanischkurs ist auf jeden Fall zu empfehlen. Er kostet einmalig 60 Euro, und ich habe mein Spanisch dadurch auf jeden Fall extrem verbessert und konnte auch viel besser und sicherer vor Ort kommunizieren (am Anfang haben wir uns nur getraut, Perfekt zu verwenden, weil das am Einfachsten zu bilden ist). Die Psychologiekurse waren auf jeden Fall eine gute Ergänzung zu Klips und ich bin auch nicht sicher, inwiefern man den Stoff so in Deutschland im Master noch lernen würde, im Bachelor hat er mir auf jeden Fall gefehlt.

Insgesamt ist die Uni sehr schön, eine Campus-Uni aus den 70ern mit viel Wiese, wo die Studierenden Gitarre spielen und sich sonnen, und vielen kleinen Cafés. Die Uni ist eine der renommiertesten Spaniens, weshalb die KomilitonInnen ziemlich strebsam waren.

Stadt:

Ich fand Madrid ziemlich schön, mit den vielen Alleen und Cafés, der alternativ-hippen Szene in Lavapiés und Malasana, und den wunderschönen Parks wie dem „Retiro“, „El Capricho“ oder der Gegend um den Fluss (eher ein Bach) bei der Metrostation „Principe Pio“ bis zu „Casa de Campo“. Außerdem kann man wahrscheinlich jedes Essen probieren, dass es auf der Welt gibt (besonders gut fand ich vegane Burger bei „viva burger“ und tawainesische Baos im Viertel „las letras“. Allerdings war Madrid mir auch ein bisschen zu groß, der enorme Autoverkehr und der Mangel an Parks in Wohnnähe haben mir das Gefühl gegeben, nie zur Ruhe zu kommen. Dieses Gefühl haben mir gegenüber auch viele Spanier ausgedrückt. Die Stadt ist „immer in Bewegung“.

Ich habe in einem Fitnessstudio Kampfsport betrieben, wodurch ich noch einmal einige Spanier und Spanierinnen und auch LateinamerikanerInnen außerhalb der Uni kennen gelernt habe. Das war sehr gut, um mehr in der Stadt „anzukommen“ und sich zu Hause zu fühlen und etwas derartiges würde ich jedem empfehlen.

Ich hatte das Glück, einen Bioladen in meiner Nähe zu finden, wo man sehr günstig extrem leckeres Obst und Gemüse aus der Region kaufen konnte (denn auf einmal sind all die Dinge, die sonst aus Spanien importiert werden, regional!). Nach etwas derartigem Ausschau zu halten, würde ich auch auf jeden Fall empfehlen. Ansonsten gibt es auch die Kette „Oh my Bio“, falls jemand nach Bioessen sucht.