Erfahrungsbericht zum Auslandssemester 

xNo longer available: Southampton, Sommersemester 2017 (Master)

Ich war im Sommersemester 2017 mit ERASMUS in Southampton, welches mein drittes Mastersemester war. Im Allgemeinen kann ich sagen, dass ich meine Zeit dort sehr genossen habe und ich jedem empfehlen würde, ein Auslandssemester in Southampton zu machen.

Ankunft im Januar 2017

Wenn man für sein Auslandssemester das Sommersemester auswählt, muss man bedenken, dass sich zu dieser Zeit bereits alle mitten im Studium befinden: anders als zu Beginn des Wintersemesters gibt es hier keine Willkommenswoche mit verschiedenen Kennlernveranstaltungen und die meisten Gruppen haben sich bereits gefunden. Dennoch gibt es spezielle ERASMUS-Veranstaltungen zu Beginn des Wintersemesters, wie Informationsveranstaltungen. Diese kann man nutzen, wenn man bereits eine Woche vor Beginn der eigentlichen Vorlesungen anreist. Auch gibt es ein Angebot eines kostenlosen Transfers vom Flughafen zum Wohnheim für ERASMUS-Studenten. Da mir eine frühere Ankunft nicht möglich war, konnte ich diese Services nicht nutzen, aber auch ohne Hilfe bringt einen der Nationalexpress vom Flughafen London Heathrow direkt zur Uni Southampton.

Bei der Ankunft im Winter findet man in Southampton eine triste, graue und industriell geprägte Stadt vor, von dessen ersten Eindruck man sich aber nicht abschrecken lassen sollte – vor allem in den Sommermonaten erwecken hier viele Orte zum Leben!

Bezüglich der Wahl der Module und allem anderen, was bei der Ankunft zu regeln ist, befindet sich im Psychologie-Gebäude Nr. 44 (Shackelton Building) das Student Service Center. Hier findet man immer hilfsbereite Mitarbeiter vor und auch die Modulwahl lässt sich bei Überschneidungen, Problemen oder sonstigen Gründen im Nachhinein anpassen.

Die Stadt Southampton

Die Stadt selbst ist wohl am ehesten durch die Titanic bekannt, welche dort gestartet ist. Noch heute gibt es einen riesigen Industriehafen und es legen auch täglich neue Kreuzfahrtschiffe an. Wer sich jedoch eine Auslandserfahrung direkt am Meer und mit täglicher Hafenidylle ausmalt, der liegt in Southampton falsch. Vor Ort mutet die Meerenge eher wie ein riesiger Fluss an und an das Hafengebiet kommt man nur, wenn man sich ganz bewusst dorthin begibt. Die gesamte Stadt ist sehr industriell geprägt und funktionell aufgebaut. Das ist insbesondere für das Studentenleben jedoch nicht verkehrt, da es viele günstige Shoppingmöglichkeiten und eine gute Infrastruktur gibt. Es gibt einen Stadtteil, welcher eher einem Gewerbegebiet ähnelt und in welchem ein IKEA, Decathlon, sowie weitere Einrichtungshäuser zu finden sind. Direkt daneben befindet sich ein großes Shopping-Center, welches direkt an die Innenstadt angrenzt.

Für den alltäglichen, preiswerten Einkauf von Lebensmitteln bietet sich in der Innenstadt der ASDA und LIDL an, außerhalb findet man einen ALDI in Portswood. Der Stadtteil Portswood ist etwas nördlicher ins Landesinnere gelegen und ist wesentlich alternativer als die Innenstadt. Hier gibt es ein eigenes kleines Ortszentrum mit weiteren Einkaufsmöglichkeiten, Bars und Restaurants.

Land und Leute

Bei allen Vorurteilen und Stereotypen, die man über Briten gesagt bekommt, habe ich die Erfahrung gemacht, dass diese sehr nette, aufgeschlossene und hilfsbereite Menschen sind. Insbesondere an der Uni kam man leicht in Kontakt und es ergaben sich ständig neue Gespräche und Kontakte. Von daher: egal wie viele Fragen man zu Beginn hat, fragt, und euch wird bestimmt jemand helfen. Ein Beispiel hierfür ist meine Ankunft in den ersten Tagen: Da ich nicht genau wusste, wo sich mein Wohnheim befindet, fragte ich den Busfahrer. Da er es auch nicht wusste und wir fast alleine im Bus waren, fuhr er einen Umweg, um mit mir den exakten Eingang zum Wohnheim zu suchen (in der Regel befinden sich die Haltestellen direkt am Wohnheim, aber, wenn man keine Ahnung und kein Google Maps hat, kann sich die Suche trotzdem als schwierig herausstellen). Im Vergleich zu anderen englischen Städten, insbesondere weiter im Norden, habe ich die Leute in Southampton als aufgeschlossen und unkonventionell erlebt. Hier schaute einen keiner schräg an, wenn man auch einmal in Sportkleidung in die Vorlesung kommt oder für die Party nur Sneaker anzieht anstatt hoher Schuhe.

Insgesamt kann ich nur empfehlen, so viel wie möglich mit Briten und Muttersprachlern in Kontakt zu kommen. Zwar bietet ERASMUS eine Vielzahl von Möglichkeiten, mit anderen ERASMUS-Studenten in Kontakt zu treten, aber die Kultur und vor allem die fehlerfreie Sprache bekommt man nur dadurch, wenn man sich wirklich an eine britische Lebensweise anpasst. Hierzu gibt es zum einen die Möglichkeit, sich mit seinen britischen Kommilitonen und Mitbewohnern näher anzufreunden. Darüber hinaus bietet die ESN ein Buddy Programm an, welches als Sprachtandem, aber auch zum Finden von Bekanntschaften fungiert.

Die Universität

Die Universität selbst liegt nicht direkt in der Innenstadt, sondern etwa ca. 20 Minuten mit dem Bus von dieser entfernt. Der Hauptcampus der Uni, Highfield Campus, bietet eine tolle Infrastruktur und mutet daher wie ein eigener kleiner Stadtteil an. Auf dem Campus zu finden sind unter anderem ein Lebensmittel- und Schreibwarenladen, ein Café, eine Bar, ein Kino, Freizeiträume, Kantinen, ein Fitnessstudio und ein Theater. Auch eine große Bibliothek und der Studierendenservice sind vor Ort.

Das Psychologiegebäude Shackelton befindet sich am südlichen Rand der Uni. Hier finden die meisten Psychologie-Kurse statt. Zudem steht noch einmal ein Aufenthaltsraum zur Verfügung, in welchem auch eine Mikrowelle zum Erwärmen des Mittagsessens steht, wenn die Faulheit, der Geldbeutel oder das Regenwetter mal wieder einmal nicht zulässt, sich etwas Frisches zu holen.

Zum Essen allgemein ist zu sagen, dass in England insgesamt keine gesunde Esskultur vorherrscht, d.h. es gibt auch an der Uni-Mensa eher Burger mit Pommes und Pizza als einen frischen Salat. Hier empfehle ich, Essen selber zu machen und mitzunehmen – dies machen sehr viele Studenten, da es neben der gesünderen auch die günstigste Variante ist.

Der Studiengang MSc Health Psychology

Der Masterstudiengang Health Psychology ist im Ganzen eher klinisch und methodisch ausgerichtet, was für Studenten der Arbeits-und Organisationspsychologie eher weniger spannend ist. Insgesamt sollte man für sein Auslandssemester vier Module wählen. Von diesen waren in meinem Fall zwei Methoden-Vorlesungen (Statistik und Qualitative Methoden) und eine Gesundheitspsychologische Vorlesung. Ein Modul muss man nicht in der Psychologie absolvieren, sondern kann auch ein interdisziplinäres Fach, wie beispielsweise Kurse aus der Gerontologie, wählen. Dabei ist zu beachten, dass insbesondere im Master wenig zwischen dem Rahmen einer Vorlesung und einem Seminar unterscheiden wird. Zumeist ist es ein Mix aus beiden, in welchem der Dozent Inhalte vermittelt, aber auch die Studenten interaktiv etwas aufbereiten oder diskutieren müssen. Das Studium ist im Vergleich zu Deutschland viel verschulter, d.h. es gibt Anwesenheitslisten, Hausaufgaben und Prüfungsleistungen unter dem Semester. Daher war das Studium in Southampton wesentlich zeitaufwendiger als in Heidelberg. In meinem Fall würde ich jedoch nicht behaupten, dass man durch den höheren Aufwand mehr lernt, eher waren viele Hausarbeiten durch Fleißarbeit gut zu erledigen.

Der Jahrgang in einem Masterstudiengang besteht aus ca. 15 Studenten, d.h. schon nach dem zweiten Tag kenn man alle seine Kommilitonen. Jedoch blieb eine familiäre Atmosphäre und enge Freundschaften unter den Kommilitonen aus. Wie ich erfuhr, haben viele ERASMUS-Studenten bereits dieselbe Erfahrung gemacht. Viele Masterstudenten sind keine Briten, sondern kommen aus China, Südamerika oder anderen Ländern Europas zum Studieren nach Großbritannien, um danach in Ihrer Heimat einen besseren Job zu bekommen. Daher sind nur wenige an engen Freundschaften interessiert und fokussieren sich eher auf das Studium. Von daher: nicht abschrecken lassen und neue Freundschaften auch außerhalb, zum Beispiel mit den Mitbewohnern oder beim Sport schließen!

Das Leben im Wohnheim

Neben der Möglichkeit, sich eine private Unterkunft zu suchen, bietet die Uni Southampton mehrere Studentenwohnheime an. Für ein Zimmer muss man sich vor Beginn des Semesters online bewerben – es stehen mehrere Zimmertypen und Kategorien zur Auswahl. Man kann auch angeben, ob man bestimmte Präferenzen in Bezug auf seine Mitbewohner hat: hier ist darauf zu achten, dass viele Studierende in den Wohnheimen Erstsemester im Bachelor sind und ihre Studentenzeit eher mit wilden Partys als mit Lernen verbringen. Ist man am Ende mit seinem Zimmer unzufrieden, steht einem der Studierendenservice immer zur Verfügung und kann, wenn möglich, auch ein anderes Zimmer oder Apartment organisieren. Je nach Zimmerkategorie teil man sich mit seinen Mitbewohnern Küche und/oder Bad. In manchen Wohnheimen (z.B. Wessex Lane) sind die Wohnungen mit bis zu 20 Personen besetzt, in anderen (z.B. Glen Eyre) nur mit 6-7 Personen.

Bei der Ankunft im Wohnheim bekommt man unter anderem eine Fahrkarte (The Key), mit welcher man kostenlos die Busse von Unilink und Bluestar nutzen kann. Das Busnetz ist gut ausgebaut und verbindet die Wohnheime und Universitätsgebäude miteinander. Jedoch benötigen die Busse sehr lange und halten an jeder Ecke, sodass ich mir auf Empfehlung meiner ERASMUS-Vorgängerin bereits von Beginn an ein Fahrrad zugelegt hatte. Insbesondere für kurze Wege ist das meiner Meinung nach das Mittel der Wahl in Southampton.

Freizeitmöglichkeiten

Neben dem Studieren bietet die Uni Southampton zahlreiche Möglichkeiten, seine Freizeit zu gestalten. Man kann einer der mehreren hundert Societies beitreten, welche sich mit Sport, Spielen, Tanz, etc. beschäftigen. Ich bin beispielsweise zum Tanzkurs der Salsa Society gegangen. Die Teilnahme hier ist wie in den meisten Societies sehr unkompliziert: wenn ein Termin online angegeben ist, kommt man zum angegebenen Treffpunkt, lernt die Leute vor Ort kennen und schaut, ob es einem gefällt. Für viele Societies fällt dabei ein kleiner Beitrag an, der einem Vereinsbeitrag gleicht.

Weiterhin bietet die bereits erwähne Infrastruktur des Campus einiges zur Freizeitgestaltung, wie ein Kino, die Bar Stags oder ein Fitnessstudio. Wen es eher in die Natur treibt, der kann in den nahe gelegenen Parks The Common oder Riverside Park joggen, spazieren gehen oder sich mit Freunden treffen.

Abends und nachts bietet Southampton eine Reihe an Clubs und Bars, die jedoch größtenteils Richtung Innenstadt gelegen sind. In seinem Auslandssemester nicht verpassen sollte man einen Abend in der Bar The Hobbit oder im Club Jesters. Das Positive bei dem Aufenthalt im Sommersemester sind die zahlreichen Abschlussfeiern und Boat Balls, die ab Mitte Mai angeboten werden. Wer zu der Zeit für ein Semester ins Ausland geht, erlebt also vor allem einen gelungenen Abschluss!

Ausflüge

Für Ausflüge bietet der ESN Southampton, als auch eine Gruppe von selbstorganisierten Studenten immer wieder Tagesausflüge zu nahegelegenen Schlössern und Städten an – und natürlich ist auch Stonehenge ein Muss! Empfehlen kann ich außerdem die Küstenorte Brighton und Bournemouth! Insbesondere in den Sommermonaten kann man sich hier für wenigstens einen Tag wie im Urlaub fühlen und Brighton bietet neben dem Strand eine alternativ geprägte, künstlerische Stadt. Nicht weit weg befindet sich die sehenswürdige Felsformation Seven Sisters. Aber Achtung: Briten besitzen eine andere Strandkultur als Deutsche: hier sind die Amusement Center beliebt, d.h. Vergnügungsparks und Spielhallen, welche direkt am Wasser oder auf dem Pier gelegen sind. Hier sieht man an einem Samstagnachmittag nicht selten Eltern mit ihren Kindern an den Spielautomaten sitzen. Neben der Küste bietet auch das Landesinnere schöne Orte. Für einen Tagesausflug ist es recht einfach, nach Winchester zu fahren. Der historische, kleine Ort beherbergt neben den Sehenswürdigkeiten wie Athur’s Round Table auch einen weiteren Teil der Uni Southampton – die Winchester School of Arts.

Weiterhin lohnt sich eine Wanderung oder Fahrradtour im New Forest, einem als Nationalpark ausgeschriebenen Waldgebiet in der Nähe von Southampton, in welchem über 300 Ponies frei leben. Die Wege dort sind sehr gut beschildert, sodass man Touren unternehmen kann, ohne sich zu verlaufen.

Zuletzt ist ein Ausflug auf die vor der Küste Southamptons gelegene Insel Isle of Wight unabdingbar! Mit der Fähre kommt man direkt von Southampton oder Portswood schon für relativ wenig Geld auf die andere Seite der Meerenge und kann von dort aus touristische Küstenorte entdecken oder den Rundweg, der um die komplette Insel führt, umlaufen.

Fazit

Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit meiner Auslandserfahrung in Southampton. Zwar habe ich in dem Masterstudiengang andere Inhalte erwartet, die ich mehr auf meinen Studienschwerpunkt der Arbeits-und Organisationspsychologie hätte beziehen können, doch vor allem die Erfahrung, sich an eine andere Kultur anzupassen, täglich Englisch zu sprechen und an einem neuen Ort zu leben, werde ich mitnehmen.