Toulouse – „la ville rose“

Toulouse, Wintersemester 2022/2023 (Bachelor)

Toulouse – auch „la ville rose“ genannt- ist eine wunderschöne Stadt mit mehr als 100.000 Studierenden. Sie bietet viele Kulturveranstaltungen, ist gut angebunden (was tolle Kurzausflüge ermöglicht) und überzeugt mit ihren kleinen Gassen und vielen Bars. Im Folgenden möchte ich von meinen Erfahrungen in der Stadt und an der Universität Jean- Jaurès berichten.

Organisation vor dem Aufenthalt

Wird man von der Gastuniversität offiziell angenommen, muss man erst einmal eine Reihe von bürokratischen Schritten abarbeiten. Dazu gehören das Ausfüllen eines Online- Bewerbungsformulars, das Erstellen des Learning Agreements und das Anlegen eines Kontos auf der Universitätsplattform (ähnlich wie eine Kombination aus unserem LSF und SoGo). Für das Erstellen des Online Learning Agreements erhält man von der französischen Universität eine Liste von Veranstaltungen, die man als internationale Studierende belegen darf. Teilweise konnte ich jedoch meine Wunschkurse nicht belegen, da sie zu einem Modul gehören und parallel stattfanden. Erkennbar ist das an den Codes der jeweiligen Veranstaltung.

Man sollte sich generell darauf einstellen, dass sich die Vorbereitung auf das Auslandssemester etwas zieht. Falls man irgendwelche Fragen hat, z.B. bezüglich der Kurswahl, sollte man einfach direkt bei der Gastuniversität bzw. den dortigen Fachkoordinator*innen nachfragen; die Ansprechpersonen vor Ort waren immer sehr zuvorkommend.

Wohnungssuche und Unterkunft

Um es mir einfach zu machen, habe ich mich direkt in einem Wohnheim des Studierendenwerks CROUS (Centre régional des œuvres universitaires et scolaires) beworben. Bei der Zimmervergabe werden unter anderem internationale Studierende bevorzugt. So habe ich mir die ganze WG- Suche sparen können.

Hat man die Zusage für ein Zimmer, muss man ein etwas kompliziertes organisatorisches Prozedere durchlaufen. Das Ganze läuft über eine Website und ist meiner Meinung nach sehr aufwendig, da mehrere Dokumente benötigt werden: In Frankreich gibt es zwar keine Meldepflicht, man muss dafür aber eine „Assurance habitation“ (Hausratsversicherung) haben. Diese habe ich mir relativ günstig über die Website der „ADH assurances étudiants“ geholt. Außerdem braucht man für das Zimmer eine Art „Bürgen“. Am einfachsten ist es hier, sich online ein „Visa Visale“ zu erstellen. Zudem wird ein sogenanntes „RIB“ (Relevé d'Identité Bancaire) befordert, das wir aber als solches in Deutschland nicht haben. Stattdessen kann man sich von seiner Bank in Deutschland eine Bescheinigung über sein Bankkonto ausstellen lassen.

Wie man merkt, ist der ganze Prozess etwas umständlich und nicht gleich ersichtlich. Deshalb sollte man sich am besten einfach einen Tag frei halten und sich in Ruhe alles durchlesen. Online gibt es aber einen Leitfaden.

Ich hatte viel Glück, da mir ein Zimmer in einem Wohnheim mitten im Stadtzentrum zugewiesen wurde.

Studium und Kurse

An der Universität Jean- Jaurès gibt es (so wie ich es verstanden habe) keine bzw. kaum Zulassungsbeschränkungen. Deshalb sind in einem einzelnen Jahrgang auch ca. 1000 Studierende – also nicht vergleichbar mit dem kleinen Jahrgang in Heidelberg.

Die meisten Veranstaltungen in der Psychologie bestehen aus einer Vorlesung (cours magistral) und einem Seminar (travail dirigé), die jeweils zwei Stunden pro Woche dauern. In meinem Fall musste ich in den Seminaren in Kleingruppen Präsentationen halten oder schriftliche Leistungsnachweise verfassen. Insgesamt habe ich also an der Gastuniversität mehr Zeit pro Woche verbracht und musste mehr Prüfungsleistungen erbringen, als ich es in Heidelberg für die gleiche Anzahl an Leistungspunkten tun müsste.

Ich habe ausschließlich Kurse aus dem 5. Semester (bzw. „Licence 3“) gewählt; sehr zu empfehlen ist das Fach „Psychologie interculturelle“. Viele Erasmus- Studierende in der Psychologie haben jedoch Veranstaltungen aus niedrigeren Semestern oder von anderen Studiengängen belegt. Ein Grund dafür ist, dass einige von den Studierenden an ihrer Heimatuniversität fast alle Module abgeschlossen haben und sie sich nur noch Zusatzleistungen oder Interdisziplinäre Studien anrechnen lassen wollten. Ein weiterer Grund ist natürlich, dass die Sprachbarriere etwas geringer ist, wenn man eine ähnliche Veranstaltung bereits an der deutschen Universität belegt hat.

Außerdem habe ich zwei Französischkurse belegt, wodurch ich weitere internationale Studierende aus anderen Studiengängen kennenlernen konnte.

Leben in Toulouse: Freizeit und Stadt

Ich empfehle wirklich, sich über das Erasmus Student Network (ESN) zu informieren. Diese internationale Studierendenorganisation veranstaltet alle möglichen Partys, Ausflüge, Kochabende, Wine & Cheese Tastings, etc. kann man in sehr kurzer Zeit sehr viele Sozialkontakte aufbauen – auch mit Studierenden aus anderen Fachrichtungen und anderen Universitäten.

Allgemein ist es natürlich immer einfacher andere internationale Studierende kennenzulernen: z.B. über das Wohnheim, ESN oder Sprachkurse. Dabei ist der Anteil der deutschen und amerikanischen Studierenden an der Universität Jean- Jaurès sehr hoch. Allerdings ist es durch Seminare und verschiedene Sportkurse der Universität aber auch gut möglich, auch Franzosen und Französinnen kennenzulernen.

Außerdem empfehle ich sehr, Kurztrips in die umliegenden Städte zu machen; dabei haben mir Albi und Carcassone sehr gefallen. Teilweise gibt es Aktionen der französischen Bahn, bei denen Zugtickets nur 1€ kosten!

Auch das Meer (der Atlantik und das Mittelmeer), die Pyrenäen und Spanien (Barcelona!) sind nicht weit entfernt.

Die Stadt Toulouse bietet unglaublich viel. Nicht nur gibt es mehrere Musikveranstaltungen, sondern auch schöne Museen, Kirchen und ein Flussufer mit Promenade. Wichtig für uns Studierende ist natürlich das Nachtleben! Es gibt mehrere Clubs, die jedoch meistens etwas außerhalb liegen. Allerdings gibt es außerordentliche viele Bars (v.a. an Plätzen), die teilweise ausschließlich von jungen Leuten besucht werden. Anders als in Deutschland ist es in Frankreich üblich, noch im Dezember abends draußen zu sitzen, wenn es nicht gerade regnet und Minusgrade hat.

Fazit

Mir hat Toulouse sehr gut gefallen! Man kann in der Stadt sehr viel unternehmen und durch die Angebote der Universität und von dem ESN macht man sehr leicht neue Bekanntschaften. Leider ist die Organisation an der Gastuniversität manchmal ein wenig langsam. Es heißt also Geduld mitbringen!