Erasmus an der Sorbonne

Paris, Sorbonne 4EU+, Sommersemester 2023 (Master)

Ich habe das Sommersemester 2022 in Paris an der Sorbonne Universität verbracht. Schon lange habe ich davon geträumt, dort ein Auslandssemester zu absolvieren und war dann sehr glücklich, als ich die Zusage bekommen habe. Im Folgenden berichte ich von meinen Erfahrungen und werde meine Gedanken thematisch sortieren:

Vorbereitung:

Die Vorbereitungen verliefen meiner Meinung nach sehr chaotisch. Ich fühlte mich schlecht informiert und auf Emailantworten von Seiten der Sorbonne musste ich häufig sehr lange warten. Die Sorbonne ist auf jeden Fall keine Uni, die eine Auszeichnung für gute Organisation verdient hat, aber die Mühe lohnt sich! Vorab habe ich einen Sprachtest an der Uni in Heidelberg absolviert. Im Nachhinein habe ich mich sehr geärgert, da ich erfahren habe, dass auch der Online Erasmus Test, den man sowieso vor dem Aufenthalt absolvieren muss, als Sprachnachweis ausgereicht hätte. Aber so fühlte ich mich sprachlich auf jeden Fall gut vorbereitet.

Organisation vor Ort:

An der Sorbonne konnte ich keine Psychologie studieren und habe dafür Soziologie gewählt. Ich habe die Möglichkeit fachfremd studieren zu können als große Bereicherung angesehen, da ich mit meinem Psychologie Studium vor Antritt des Auslandssemesters schon fast am Ende war. Im Vorlesungskatalog der Soziologie hatte ich die freie Auswahl an Kursen. Die Kurswahl hat mich und die anderen Erasmusstudierenden aus Heidelberg am Anfang sehr gestresst, da erst zu Semesterstart kommuniziert wurde, wie die Kurswahl für uns ablaufen wird. Es stellte sich allerdings heraus, dass dies nicht notwendig gewesen wäre, denn uns Erasmusstudierenden wurde ein guter Monat Zeit gegeben, um uns für Kurse zu entscheiden. So hatten wir die Möglichkeit vorab in die Kurse „hineinzuschnuppern“, zu schauen, welche Prüfungsleistungen als Erasmusstudierende zu erbringen sind und ob uns die Inhalte zusagen. Außerdem natürlich, ob das Französisch des/der Professors/in für uns gut verständlich ist. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Sprechtempo bzw. Klarheit in der Aussprache Welten in der Verständlichkeit ausmachen. Außerdem nutzen nicht alle Professor/innen PowerPoint Präsentationen während ihren Vorlesungen oder Seminaren. Je nach eigenem französischen Sprachniveau kann man sich also aussuchen, wie leicht bzw. schwer man sich das Semester gestalten möchte. Ich habe mich dafür entschieden Bachelorkurse zu belegen, da ich doch etwas Respekt vor der Fachfremdheit sowie der Sprachbarriere hatte. Im Nachhinein wäre dies nicht notwendig gewesen, da ich sehr schnell in die Sprache hineingefunden habe. Es war, wie eben schon erwähnt, eher eine Frage der Aussprache der Professor/innen und weniger des Inhalts. Sobald es PowerPoint Präsentationen gab, konnte ich ohne Schwierigkeiten folgen. Insgesamt habe ich vier reguläre- sowie zwei Sprachkurse belegt und hatte somit einen sehr lockeren Stundenplan. Teilweise bestehen die Kurse aus Vorlesungen (CM) + Seminaren (TD) – in diesem Fall muss man beide belegen. Aber nicht alle. Darauf sollte man bei der Kurswahl dann achten. Das hatte mich am Anfang verwirrt.

Ich empfehle die Sprachkurse sehr. Ich habe einen Grammatikkurs und einen allgemeinen Kurs, in dem neben Grammatik auch die alltägliche Kommunikation geübt wird, belegt. In beiden Kursen habe ich Freund/innen gefunden, da hier lauter Erasmus Studierende zusammentreffen. Schwierig war die örtliche Koordination der Kurse, da ich Kurse aus verschiedenen Bachelorsemestern gewählt habe und diese teils an unterschiedlichen Campi stattfanden. Man muss also im Vorhinein berücksichtigen, dass man bspw. von dem Campus Clignancourt bis an die alte Sorbonne 30-40 Minuten mit der Metro fährt. Ich musste in meinen Kursen überall die „Zwischenkontrollen“ während des Semesters absolvieren, aber nicht die Abschlussprüfungen am Ende des Semesters. Das war sehr angenehm.

Unileben:

Insgesamt habe ich in den Kursen sehr schnell Anschluss gefunden. Meine Kommiliton*innen waren sehr hilfsbereit und haben mich direkt in Gruppenarbeiten oder Lerngruppen integriert. Allerdings empfand ich es schwierig außerhalb der Uni Kontakt zu meinen Kommiliton/innen zu haben, da die meisten von ihnen noch bei ihren Eltern (außerhalb von Paris) gewohnt haben und somit spontane Treffen nur selten möglich waren. Mit den sechs Kursen, die ich belegt habe, habe ich mich nicht über- oder unterarbeitet. Es war genau richtig, so dass ich Paris neben der Uni in vollen Zügen genießen und auskosten konnte. Ich war allerdings etwas enttäuscht von der Mensa. Es gab nur wenig vegetarisches Angebot, vegan schon gar nicht. Preislich war das Essen aber völlig in Ordnung. Ich kann euch den Unisport sehr empfehlen. Ich habe einen Yoga Kurs belegt und dort auch direkt eine gute Freundin gefunden. Ihr müsst nur schnell sein, was die Anmeldung angeht (ich glaube sie beginnt in der 2. Uniwoche).

Leben in Paris:

Paris hat mich mit seinem Charme vollkommen eingenommen und schon nach ein paar Tagen habe ich mich in diese Stadt verliebt. Es gibt so viel zu entdecken und zu erleben, so dass mir nie langweilig werden konnte. Als Person unter 26 sind die meisten Museen in Paris kostenlos und auch in Theater, Oper und sonstigen Kulturveranstaltungen bekommt man vergünstigte Tarife. Das habe ich voll ausgenutzt, denn ansonsten ist Paris natürlich eine sehr teure Stadt. Einen Cappuccino mit Hafermilch bekommt man für 5,50 Euro – 6 Euro und dementsprechend fallen auch die Preise in Restaurants aus. Es gibt aber so viele schöne Cafés und Restaurants, so dass ich nicht widerstehen konnte und trotzdem häufig auswärts essen war. Der ÖPNV ist wahnsinnig gut ausgebaut. Mit der Metro, dem Bus und der Straßenbahn kommt man überall gut hin. Ich empfehle euch, den PassNavigo (das Studierendenticket für den ÖPNV) direkt zu beantragen, wenn ihr euren Studierendenausweis erhalten habt. Denn die Zustellung dauert fast 2 Wochen und eine Einzelfahrt mit dem ÖPNV kostet sonst 1,90 Euro, was sich dann schnell läppert. Der PassNavigo gilt immer ein Jahr, aber falls ihr kürzer bleibt, könnt ihr euch das Geld für die restlichen Monate zurückerstatten lassen. Ansonsten habe ich die Velib Fahrräder viel genutzt. Die Mitgliedschaft kostet nur etwa 3 Euro im Monat. Das Konzept ist ähnlich wie Nextbike in Heidelberg, nur dass es noch sehr viel mehr Stationen gibt. Je nachdem wohin man will, ist man mit dem Fahrrad sogar häufig am schnellsten. Außerdem sind die Fahrradwege in Paris (fast) immer gut ausgebaut und es macht Spaß sich dort mit dem Fahrrad zu bewegen. Die Wohnungssuche hat sich als herausfordernd dargestellt. Da ich mit meiner besten Freundin aus dem Bachelor zusammen nach Paris gegangen bin, wollten wir uns gerne zu zweit eine Wohnung suchen. Nach vielen Momenten der Verzweiflung haben wir Ende Dezember (also 2 Wochen bevor wir nach Paris gefahren sind) eine Wohnung im 20. Arrondissement in der Nähe von Nation gefunden. Möbel konnten wir leicht und recht günstig über das französische ebay Kleinanzeigen (Leboncoin) ergattern. Also auch wenn es zu Beginn unmöglich erscheint eine Wohnung oder WG zu finden – irgendwie schafft man es am Ende doch. Als wir ausgezogen sind haben wir glücklicherweise eine Abschlagszahlung von den Nachmieter*innen bekommen, die unsere Wohnung übernommen haben.

Mein persönliches Fazit:

Wie ich am Anfang gesagt habe, es war immer mein Traum ein Auslandssemester in Paris zu machen. Aber ich hätte niemals gedacht, dass es tatsächlich so schön wird. Es hat mir so gut gefallen, dass ich noch den ganzen Sommer über dortgeblieben bin. Für die Zeit habe ich mir einen Job in einem Café gesucht, und dadurch kam ich noch mehr mit Pariser*innen in Kontakt. Für mein Französisch war die Arbeit als Kellnerin natürlich auch sehr gut. Ich kann euch die Stadt nur wärmstens ans Herz legen. Paris ist sehr viel vielseitiger, als ich es erwartet hätte. Klar, man findet den romantischen Charme in der Stadt, der durch Werbung in die ganze Welt getragen wird. Aber Paris hat auch ganz andere Seiten. Seiten, die weniger schick und elitär sind. Und diese Kombination hat die Stadt für mich so besonders gemacht. Die neun Monate waren eine unheimlich tolle Erfahrung, an die ich mich mein Leben lang zurückerinnern werde.