Erfahrungsbericht zum Auslandssemester 

Madrid, Wintersemester 2022/2023 (Bachelor)

Wohnungssuche/Ankommen in Madrid

Ich hatte mir eigentlich von Anfang an vorgenommen, mir nichts vor Ankunft zu suchen, um böse Überraschungen zu vermeiden. Ich hatte mehrfach gehört, dass Leute Wohnungen reserviert haben, die letztendlich nicht existiert haben und dass es vor allem in Spanien wichtig sei, die Wohnung einmal in echt gesehen zu haben, bevor man entscheidet einzuziehen. Letztendlich hatte ich eine Woche vor meiner Anreise (die eine Woche vor Unibeginn war) dann aber doch so Panik, dass ich einer Wohnung zusagte, die ich nur online besichtigt hatte. Als ich ankam, kam die „böse Überraschung“ dann leider doch. Die Wohnung war sehr dreckig und mein Mitbewohner (und Vermieter) hat in unserem Wohnzimmer 24/7 mit geschlossenen Fenstern gekifft.

Außerdem war die Wohnung in La Guindalera, was ein süßes Stadtviertel nördlich vom Retiropark ist, aber da alle meine Freund:innen im Zentrum gewohnt haben, habe ich mich da oben dann doch etwas weit ab vom Schuss gefühlt. Ich hatte zum Glück noch keinen Vertrag unterzeichnet und mein Mitbewohner hat sehr entspannt reagiert, als ich ihm gesagt habe, dass ich doch ins Zentrum ziehen möchte. Innerhalb von zwei Tagen hatte ich dann ein Zimmer in einer 2-Zimmer-Wohnung direkt an der Metro Ópera gefunden und war mit meiner Entscheidung auch sehr zufrieden! Zieht wirklich ins Zentrum, man ist so oder so schon super viel zu Fuß unterwegs und braucht auch vom Zentrum aus 30-45 Minuten zur UAM. Es ist einfach entspannter!

Generell würde ich heute auch sagen, dass es vielleicht schlauer gewesen wäre, in eine größere WG mit anderen Erasmis zu ziehen, einfach weil Erasmus-Studierende mehr Freizeit haben und generell mehr Lust haben, die Stadt zu entdecken. Spanier:innen können außerdem echt cliquey sein, was den Anschluss schwierig gestaltet.

Schaut wirklich am besten vor Ort und reist, wenn ihr könnt, zwei Wochen früher an, damit ihr nicht am Ende ins Hetzen geratet (oder nehmt das Geld für eine Agentur in die Hand). Ich kenne viele, die ich sich letztendlich für eine Wohnung entscheiden mussten, die nicht ihren Vorstellungen entsprochen hat, oder mehrere Wochen in Hostels schlafen mussten.

Viertel, die sich lohnen: Ópera, Las Letras, Malasaña, Chueca, Lavapiés und La Latina. Lavapiés und La Latina sind alternativere Viertel, wo man bspw. auch La Tabacalera findet, ein Kulturzentrum, das Veranstaltungen wie Poetry Slams, Malkurse, Konzerte etc. for free hostet. Die anderen Viertel sind etwas schicker.

Uni

Die ersten Tage waren irgendwie chaotisch, weil die Begrüßung der Fakultät sich mit der allgemeinen Begrüßung aller internationaler Studierenden überschnitten hat. An sich war die Einführung aber sehr gut (und auf Spanisch) und man konnte alle Fragen, die man hatte, klären.

Die Kurswahl war eigentlich ganz einfach, weil die Uni eine Email rausschickt, sobald das Portal zur Kurswahl (Premat) geöffnet ist. Dann sollte man allerdings schnell sein. Ich hab das Öffnen um 10 Minuten verpasst und die Kurse, die ich eigentlich wählen wollte, waren bereits voll. Innerhalb der ersten vollen Uni-Woche, wird Premat nochmal geöffnet und man kann nochmal versuchen, Kurse zu wechseln. Von manchen habe ich auch gehört, dass man die Profs persönlich anschreiben und um einen Platz im Kurs bitten kann.

Ich habe Periciales Forenses, Psicología de la Salud und Técnicas de Intervención Psicológica belegt. Periciales Forenses ist super interessant, aber ehrlich gesagt auch ein anspruchsvollerer Kurs. Die Professorin lädt die Folien nicht hoch und erwartet, dass man als Begleitlektüre 40 Seiten Essays und 60-seitige Kriminalberichte (auf Spanisch!!!) liest. Man darf als Student:in des Kurses auch ins Madrider Landgericht und sich Befragungen von Psycholog:innen zu ihren Gutachten anschauen, was ziemlich cool ist.

Psicología de Salud hat mir persönlich sehr gut gefallen. Die Paper und Videos sind meist auf Englisch, einmal die Woche hat man zwei Stunden Theorie und einmal die Woche wird eine Stunde lang in Gruppen zu einem Thema diskutiert. Das, die Präsentation eines selbst entwickelten Präventions- oder Interventionsprogramm und die Aufgaben bei Moodle bilden die Notengrundlage – es gibt also keine Klausur .

Técnicas de Intervención Psicológica kann ich auch nur empfehlen, wenn ihr in die klinische Richtung gehen wollt. Es wird sich sehr intensiv mit funktionellen Analysen des Verhaltens auseinandergesetzt und viel praktisch geübt.

Als letztes habe ich noch einen Spanischkurs belegt. Ich empfehle, den Test ernst zu nehmen haha. Ich habe ihn an einem Nachmittag so schnell wie möglich durchgequetscht und wurde letztendlich in einen B1 Kurs gesteckt, obwohl ich bereits das DELE B1 Zertifikat am Sprachlabor in Heidelberg gemacht hatte. Meine Spanischlehrerin war allerdings sehr verständnisvoll und hat mich und eine andere Studentin aus meinem Kurs in den B2 Kurs schnuppern lassen, in den wir letztendlich gewechselt haben.

Generell ist die Uni sehr hilfsbereit und die meisten Profs sehr lieb und bemüht. Es gibt einen richtigen Campus mit Gym, Cafeteria und vielen Wiesen und Bäumen zum chillen!

Madrid als Stadt

Ich als Landei habe mich richtig doll auf das Großstadtleben gefreut und muss auch sagen, dass es mir wirklich gut gefallen hat. Es gibt sowieso jeden Abend irgendwo eine Party (neben den typischen Erasmus-Clubs gibt es auch ein, zwei nice Techno-Veranstaltungen, allerdings muss man dazu sagen, dass es nicht mit dem safe space in Deutschland zu vergleichen ist, sondern echt viele aufdringliche Spanier rumlaufen). Es gibt jede Menge Parks, in 1,5h ist man mit dem Bus in den Bergen/an einem See, es gibt alles mögliche an Sport (und Urban Sports, was allerdings in Madrid auf 10 Besuche pro Monat beschränkt ist). Der Rastro-Flohmarkt sonntags ist mega cute, es gibt super viele und schöne Cafés (mein Favorit: Bucólico in Malasaña) und es gibt irgendwie immer was zu erleben. Am meisten überzeugt haben mich aber einfach die Sonnentage – 300/365 Tagen im Jahr. Es gibt nie mehr als zwei Tage schlechtes Wetter hintereinander, Winterdepressionen existieren hier einfach nicht. Es wird allerdings z.T. im Dezember und Januar saukalt, also packt euch eine vernünftige Winterjacke ein! Es gibt im Norden von Madrid auch eine Arztpraxis (MedicosParaTi), die zwei Deutsche Ärzt:innen leiten, die wirklich super nett sind und holistisch arbeiten. Die Kosten werden ganz normal von der Auslandsreisekrankenversicherung erstattet.