Erasmus in Paris

Paris, Sorbonne 4EU+, Sommersemester 2023 (Bachelor)

Mein Erasmussemester in Paris war eine großartige Erfahrung und ich kann es nur jedem empfehlen, sich für einen Platz dort zu bewerben. Der organisatorische Aufwand zu Beginn des Semesters ist etwas höher als an anderen Unis. Wenn das aber einmal geschafft ist, steht euch eine einmalige Zeit bevor. Paris ist eine wahnsinnig schöne Stadt, die so viel zu bieten hat. Einmal ein halbes Jahr dort zu leben war ein Traum und nochmal eine ganz andere Erfahrung als die Stadt als Tourist*in für ein paar Tage zu besuchen. In diesem Bericht will ich meine Erfahrungen mit euch teilen und hoffe, euch ein paar Tipps mitgeben zu können, die euch den Start in Paris erleichtern.

Vorbereitung und Wohnungssuche

Nach der Zusage für den Erasmusplatz im Februar hatte ich sehr viel Zeit bis ich mich ca. im Oktober online bei der Sorbonne registrieren musste. Bis zu diesem Zeitpunkt muss auch der Sprachnachweis vorliegen, der einem Französischkenntnisse auf B2 Niveau bestätigt. Ich habe dafür die DELF B2 Prüfung abgelegt, es reicht aber auch der OLS-Sprachtest von Erasmus (im Gegensatz zum DELF kostenlos). Ich möchte euch gerne ermutigen, euch auch ohne perfekte Französischkenntnisse auf den Austauschplatz in Paris oder in Frankreich im Allgemeinen zu bewerben. Ich selbst hatte Schulfranzösischkenntnisse, die ich im Rahmen eines Sprachkurses noch einmal aufgefrischt hatte. Ich sprach also kein perfektes Französisch und es hat trotzdem alles prima funktioniert. Bei der Onlineregistrierung legt man zudem sein Hauptfach fest und kann sich auf einen Wohnheimplatz bewerben. Im Master bewirbt man sich hierbei für einen Platz in der Cité Internationale Universitaire de Paris (kurz Cité oder CIUP). Das würde ich auch auf jeden Fall empfehlen, da die Bewerbung sehr simpel ist und die Chancen auf einen Platz nicht schlecht stehen. Für die Bewerbung muss man ein zweiseitiges Formular ausfüllen und einen Steuer- oder Gehaltsnachweis der Eltern beifügen. Wichtig ist, dass man sich auf keinen Fall nochmal eigenständig bei der Cité bewerben darf, da dies aufgrund der Doppelbewerbung zum Ausschluss führen würde. Ich habe mich wahnsinnig gefreut, als ich eine Zusage für das Collège Néerlandais in der Cité erhielt und hätte mir rückblickend auch keinen besseren Wohnort für mein Auslandssemester vorstellen können. Bis ich den Wohnheimplatz sicher in der Tasche hatte, folgte noch ein etwas umständlicher bürokratischer Prozess, der sich aber am Ende doch noch gut bewältigen ließ. Ich habe für ein Einzelzimmer mit geteiltem Bad und geteilter Küche (wurde beides regelmäßig vom Wohnheim geputzt) 466€ bezahlt, was für Paris ein sehr guter Preis ist. Zimmer mit eigenem Bad kosteten ca. 600€, aussuchen konnte ich das aber nicht.

Die Cité ist eine internationale Studierendensiedlung im 14. Arrondissement im Süden von Paris. Sie besteht aus 40 verschiedenen Häusern, die pro Jahr insgesamt ca. 10.000 Studierende, Promovierende und Forschende aus aller Welt beherbergen. Die meisten der Häuser sind dabei einer Nation zugeordnet, wobei ca. die Hälfte der Bewohnerinnen aus diesem Land stammen und die andere Hälfte aus aller Welt, um den interkulturellen Austausch zu fördern. In meinem Haus waren wir aber sogar noch deutlich bunter gemischt und hatten nur einen geringeren Anteil an niederländischen Studierenden. Durch die Gemeinschaftsküche war es sehr einfach mit anderen Leuten im Wohnheim in Kontakt zu kommen. Ich habe viele Freundinnen aus aller Welt und verschiedensten Fachrichtungen gefunden, die während der Zeit in Paris zu einer zweiten Familie wurden und die mein Auslandssemester so besonders für mich gemacht haben. Die Cité selbst hat zudem mit einer Mensa, einer Bibliothek, einem Park, einem breiten Sportangebot und zahlreichen kulturellen Veranstaltungen und Gruppen auch einiges zu bieten. Dank der guten Anbindung ist man zudem schnell im Stadtzentrum von Paris. Ich kann euch nur wärmstens empfehlen, den Platz in der Cité anzunehmen, solltet ihr einen angeboten bekommen.

Nach der Zusage für das Wohnheim musste ich noch ein AirBnB finden, da ich mein Wohnheimzimmer erst zum 01.02. beziehen konnte, das Semester aber bereits am 15.01. begann. Hier lohnt es sich früh und auch außerhalb der Stadtgrenzen von Paris zu suchen, um etwas einigermaßen Bezahlbares zu finden. Da die Kurswahl erst vor Ort in Paris stattfand, waren die wichtigsten Vorbereitungen damit getroffen.

Ankunft und Studienbeginn

Ich war sehr aufgeregt als ich in Paris ankam, da man seitens der Sorbonne nur spärlich mit Informationen versorgt wurde und ich somit noch viele Fragen und Unklarheiten hatte. In den ersten Wochen fühlte ich mich die meiste Zeit, als hätte ich eine E-Mail mit vielen wichtigen Infos verpasst. Tatsächlich ging es aber allen so und die Kommunikation mit den Erasmusstudierenden hat einfach noch Luft nach oben. Das Semester startete mit einer Einführungsveranstaltung, von der ich mir mehr Informationen insbesondere zur Kurswahl erhoffte. Allerdings war ich danach nur wenig schlauer, konnte aber immerhin ein paar nette Leute kennenlernen und die allgemeine Verwirrung schweißte direkt zusammen. Bezüglich der Kurswahl kontaktierte ich schließlich die Coordinatrice Pédagogique meines Hauptfachs Soziologie, die mir ein Modulhandbuch und einen Stundenplan zur Verfügung stellte, aus denen ich mir meine Kurse aussuchte. In den ersten Wochen konnte man die Veranstaltungen erstmal probeweise besuchen und sich schließlich per Mail an den pädagogischen Koordinator des Fachbereichs bis zu einer Frist nach ca. 3-4 Wochen verbindlich anmelden. Neben den fachlichen Kursen können Erasmusstudierende Sprachkurse der SIAL-FLE Abteilung belegen. Hier erfolgt die Anmeldung über die Webseite des SIAL nach dem Prinzip „first come, first serve“. Ich habe am Anfang viele Kurse ausprobiert und war bei manchen Kursen deshalb auch erst bei der zweiten Sitzung das erste Mal, was aber kein Problem war. Es lohnt sich zudem immer nachzufragen, welche Leistungsnachweise von Erasmusstudierenden gefordert werden, da diese häufig z.B. statt einer Klausur eine schriftliche Ausarbeitung einreichen können, was sprachtechnisch die dankbarere Aufgabe ist. Generell lässt sich sagen, dass die Informationsweitergabe in Frankreich deutlich schlechter ist als in Deutschland, dafür aber Fristen und Regeln auch nicht so eng gesehen werden.

Bei der Kurswahl gilt es die verschiedenen Standorte der Sorbonne in Paris zu beachten, die teils wirklich ein gutes Stück (ca. 40 Minuten) auseinanderliegen. Besonders schön ist es, Kurse an der alten Sorbonne im 5. Arrondissement zu belegen. Das Gebäude ist sehr eindrucksvoll und dort zu studieren schon etwas Besonderes. Ich hatte außerdem noch Kurse in der Maison de la recherche (ebenfalls im 5. Arrondissement) und meine Sprachkurse an einem kleinen Standort im le Marais (Centre d’études catalanes). Es gibt für Soziologie außerdem noch den größeren Standort Clignancourt ganz im Norden von Paris. Ich entschied mich letztendlich dagegen, Kurse in Clignancourt zu belegen, da ich immer eine sehr lange Anfahrt gehabt hätte und die Atmosphäre dort auch nicht so schön ist wie im Zentrum von Paris.

Zu Beginn meines Aufenthalts kümmerte ich mich außerdem um eine Jahreskarte für die Metro. Diese muss online beantragt werden und ihr braucht euren französischen Studierendenausweis und eine französische Handynummer. Ich habe mir dafür in einem der kleinen Kioske („Tabac“) einfach eine Prepaid SIM Karte von SFR gekauft. Die Metrokarte wird nach 1-2 Wochen per Post zugestellt, beantragt die Karte deshalb am besten so schnell wie möglich. Man kann sich wohl bei Wegzug aus Paris den Restpreis der Jahreskarte anteilig rückerstatten lassen, das kann ich aber selbst noch nicht sicher bestätigen.

Wer an diesem Punkt von der französischen Bürokratie noch nicht vollends frustriert ist, sollte sich überlegen, das französische Wohngeld CAF zu beantragen. Dies ist wiederum mit einem gewissen administrativen Aufwand verbunden (z.B. Eröffnung eines französischen Bankkontos), lohnt sich finanziell aber, da ihr einen nicht unerheblichen Teil eurer Miete erstattet bekommen könnt. Studium

Nachdem sich die anfänglichen Wogen der Verwirrung geglättet hatten, belegte ich schließlich sechs Bachelorkurse (in Heidelberg studiere ich im Master): Drei Soziologiekurse, einen Geschichtskurs auf Englisch und zwei Französischsprachkurse. Die Soziologiekurse waren jeweils mit nur 2 ECTS angegeben, der verbundene Aufwand war meines Erachtens aber teils deutlich höher. So hatte ich am Ende trotz 6 Kursen „nur“ 19 ECTS auf meinem Learning Agreement stehen, war für diese ECTS-Anzahl aber doch ganz gut beschäftigt. Trotzdem hatte ich aber auch noch auf jeden Fall genug Freizeit, um Paris in vollen Zügen zu genießen.

Die Kurse in Paris teilen sich in CMs (Vorlesungen) und TDs (Seminare) auf. Von meinen vier inhaltlichen Kursen waren zwei Vorlesungen und zwei Seminare, was ich als gute Mischung empfand. Ich habe den Unterricht in Frankreich als frontaler und weniger abwechslungsreich empfunden, aber fand es sehr interessant mal in Fachbereiche außerhalb der Psychologie hineinzuschnuppern. Generell möchte ich euch gerne ermutigen, euch nicht davon abschrecken zu lassen, dass man an der Sorbonne kein Psychologie studieren kann. Ich fand es eine sehr spannende Möglichkeit, Themen mal von einer anderen Perspektive zu betrachten oder mal über ganz andere Fragestellungen zu sprechen. So hatte ich zum Beispiel einen Kurs über die Geschichte der USA im 20. Jahrhundert und habe an einem eigenen historischen Forschungsprojekt gearbeitet, was ich in Heidelberg vermutlich nie gemacht hätte.

Bei den Sprachkursen belegte ich einen generellen Sprachkurs („Francais général B2“, 5 ECTS) und einen Grammatikkurs („Grammaire B2“, 3 ECTS), wovon insbesondere zweiterer sehr gut war.
Vom Sprachniveau war das Studium gut machbar. Zum einen kann man zu Beginn des Semesters darauf achten, Kurse zu wählen, in denen die Dozierenden besonders deutlich sprechen und Folien verwenden. Zum anderen waren viele Dozierende auch sehr verständnisvoll und setzten keine perfekten Sprachkenntnisse der Erasmusstudierenden voraus. Dazu kommt außerdem, dass man insbesondere das Sprachverständnis nach einigen Wochen bereits schnell verbessert, sodass es immer leichter fällt zu folgen.

Das Sommersemester in Paris war so strukturiert, dass wir zweimal während des Semesters Ferien hatten. Einmal eine Woche Ende Februar/Anfang März und einmal zwei Wochen Ende April/Anfang Mai. Meine Prüfungsleistungen waren eine bunte Mischung aus Referaten, Hausarbeiten und Prüfungen, die allesamt letztendlich gut machbar waren. Die Klausuren verteilten sich über das Semester oder wurden in der letzten Sitzung der Veranstaltung abgenommen.

Mein Semester war auch von den Protesten gegen die französische Rentenreform geprägt, die sich in Form von Streiks und Demonstrationen äußerten. Dies ging unter anderem mit Schließungen der Uni einher, so dass Kurse manchmal entweder ausfielen oder virtuell abgehalten wurden. An dieser Stelle hatte ich aber Glück, da viele meine Kurse nicht an Streiktagen (meistens wurde dienstags und donnerstags gestreikt) oder nicht an den Hauptstandorten der Uni stattfanden, die aufgrund der Streiks häufig geschlossen wurden. Andere hatten hier mehr Pech und fühlten sich durch den vielen Online-Unterricht wieder in die Coronazeit zurückversetzt.

Freizeit und Leben in Paris

Paris hat wahnsinnig viel zu bieten und ich habe mich während meines Auslandssemesters sehr in die Stadt verliebt. Weltbekannte Museen und Sehenswürdigkeiten, traumhafte Gärten, süße Cafés, zahlreiche Bars und Konzerte – in Paris wird es einem wirklich nicht langweilig. Toll ist, dass der Großteil der Museen und Sehenswürdigkeiten für unter 26-jährige EU-Bürger*innen kostenlos zugänglich ist. Dadurch spart man zum einen viel Geld und zum anderen kann man auch in vieles hineinschnuppern, das man sich sonst vielleicht nicht angeschaut hätte.

Ich kann euch auch insbesondere empfehlen, für das Sommersemester nach Paris zu gehen. Während es im Wintersemester immer dunkler und kälter wird, darf man sich im Sommersemester darauf freuen, dass es mit der Zeit immer heller und wärmer wird und alles anfängt zu blühen. Ich habe es sehr genossen, in der Sonne im Jardin de Luxembourg Croissants zu essen und zu lesen, draußen in Cafés zu sitzen und abends an der Seine zu picknicken oder zu tanzen.

Es gibt in Paris viele Organisationen, die Veranstaltungen und Reisen für internationale Studis organisieren, was gerade zu Beginn eine gute Möglichkeit sein kann, um Freund*innen zu finden. Beispiele dafür sind etwa das Erasmus Student Network (ESN) und die Sorbonne-angehörige Organisation Parismus. Ich habe beispielsweise an der Welcome Week von ESN teilgenommen und war mit Parismus für ein paar Tage in Marseille.

Generell ist Paris ein super Ausgangspunkt, um auch andere Regionen Frankreichs zu erkunden. Es gibt viele Direktverbindungen in alle Teile des Landes. Falls ihr vorhabt, viel zu reisen, kann es sich lohnen, die Carte Avantage Jeune der SNCF zu erwerben (vergleichbar mit der BahnCard in Deutschland). Ich war während meines Auslandssemesters neben Marseille noch in Toulouse, der Normandie und in der Bretagne. Außerdem sind wir von Paris auch noch nach London gefahren, was theoretisch mit dem Eurostar nur 2,5 Stunden dauert. Hier lohnt es sich aber, früh zu buchen oder bei Interrail früh zu reservieren, damit ihr nicht wie wir am Ende einen Nachtbus nehmen müsst und London doch gar nicht mehr so einfach zu erreichen ist...

Fazit

Die Zeit in Paris war unvergesslich und ich habe so viele schöne Erinnerung gesammelt. Ich kann euch ein Erasmussemester in Paris wirklich nur empfehlen und wünsche euch dort eine fantastische Zeit!