Paris, Sorbonne Université mit 4EU+, WiSe 2022/23 und SoSe 2023 (BA Psychologie)

Paris, Sorbonne 4EU+, Wintersemester 2022/2023 (Bachelor)

Hallo. Ich war von September 2022 bis Juni 2023 dank 4EU+ als Psychologie- Bachelorstudentin an der Sorbonne Université in Paris und hoffe, mein Erfahrungsbericht kann Dir einen authentischen Eindruck davon vermitteln, wie es ist, eine Weile in Paris zu studieren und zu leben.

Bewerbung

Beginnen wir doch bei meiner Bewerbung. Diese habe ich im Januar 2022 auf den Weg gebracht. Mit meinem Schulfranzösisch und einem recht idealisierten Bild von der traumhaft schönen Stadt Paris und ihrer altehrwürdigen, geschichtsträchtigen Sorbonne Université. Bis heute bin ich unendlich dankbar dafür, dass ich die Gelegenheit bekommen habe, wirklich dort hinzugehen und die unvergessliche Erfahrung zu machen, ganze zwei Semester lang in Paris zu leben und zu lernen.

Planung und Vorbereitung

Wie das funktionierte, obwohl man an der Sorbonne nicht Psychologie studieren kann? Nun, als ich nach Paris aufbrach, hatte ich den Großteil aller Bachelor-Module bereits abgeschlossen, sodass ich dort vor allem Soziologie und Philosophie belegen konnte, um noch einmal über den fachlichen „Tellerrand“ zu schauen. Ich war also in meinem 7. (beurlaubt) und 8. Hochschulsemester in Paris. Du kannst das ganze aber natürlich auch anders handhaben. Das ist individuell.

Das Wichtigste, was Du beachten solltest, wenn Du selbst über einen Auslandsaufenthalt in Paris nachdenkst, ist wohl, dass Du dafür rechtzeitig einen Sprachnachweis in Französisch (mind. B2) vorlegen musst. Ich habe dafür einen Sprachtest am Zentralen Sprachlabor (ZSL) in Heidelberg gemacht, auf welchen ich mich eigenständig vorbereitet habe. Im Nachhinein würde ich Dir aber eher einen vorbereitenden Sprachkurs empfehlen, wenn dies zeitlich möglich ist!

Wohnen in Paris (die Arrondissements)

Ansonsten wird es Dich wohl kaum überraschen, dass die Wohnungssuche in Paris als eine der ersten großen Herausforderungen auf Dich warten wird, wenn es einmal so weit ist, und Deine Pläne für ein oder zwei Auslandssemester dort tatsächlich konkret werden. Allerdings wird es Dir hier wenig nützen, wenn Du Dich schon Monate vorher auf die Suche nach einer Bleibe begibst. Denn in Paris werden Wohnräume eher auf zwei-Wochen-Sicht angeboten. Was Du also vor allem brauchst, wenn Du ein Zimmer dort suchst, sind 1. starke Nerven bzw. Gelassenheit und 2. die Website von „La Carte“ (https://www.lacartedescolocs.fr/). Hier habe ich damals ziemlich schnell ein wirklich tolles WG-Zimmer im 15. Arrondissement (Arr.) gefunden.

Der einzige „Knackpunkt“ war hier die Entfernung zur Universität. - Womit wir schon bei einer weiteren wichtigen Sache wären, die Du beachten solltest: Die Sorbonne Université ist auf verschiedene Standorte in Paris verteilt. Soziologie und Philosophie zum Beispiel, werden hauptsächlich am Campus de Clignancourt im 18. Arr. gelehrt, was für mich ca. 30 min Metrofahren pro Strecke bedeutete. Aber eigentlich war das am Ende gar nicht mal so schlimm. Denn Metrofahrten können auch unerwartet spannend sein. Oder ein guter Raum, um französische Podcasts zu hören oder zu lesen (vorausgesetzt, die Bahn ist nicht allzu voll).

Um einen guten ersten Überblick über die verschiedenen Arrondissements in Paris und deren Charakteristika zu bekommen, empfehle ich Dir diese „Kurz-Doku“: https://www.youtube.com/watch?v=DZEv01cJuLI.

Ankommen in Paris und an der Sorbonne Université

Apropos Überblick: um Dir zu Beginn des Aufenthalts in Paris einigen Stress zu ersparen, würde ich Dir auf jeden Fall ans Herz legen, wenn möglich, etwa eine Woche vor Deiner ersten Uni-Veranstaltung anzureisen, um Dich in Ruhe ordnen zu können und genügend freie Zeit zu haben, um Deine Gegend und Paris zu erkunden. Dies ist unter anderem auch zu empfehlen, weil die Website(s) der Sorbonne und die Bürokratie dort gelinde gesagt etwas unübersichtlich sind und es Dir für den Semesterstart einfach ein besseres Gefühl geben wird, wenn Du Dir einen Überblick über etwaige Module, Anlaufstellen und ToDos verschafft hast, bevor der Uni-Alltag und das soziale „Networken“ beginnen.

Was Du zum Beispiel rechtzeitig organisieren solltest, wäre Deine Mobilität, sprich eine Metrokarte: wenn Du wie ich zwei Semester dort bleibst, lohnt sich vermutlich eine Studi- Jahreskarte, ansonsten wohl eher eine Monatskarte. Mehr Informationen findest Du hier: https://www.iledefrance-mobilites.fr/.

Zu den Lehrveranstaltungen und Modulen & Unialltag

Was das Studieren an der Sorbonne und das Thema Lehrveranstaltungen anbelangt, so kann ich Dir aus Erfahrung sagen, dass es als Psychologiestudentin unglaublich bereichernd sein kann, Vorlesungen (CMs) und Seminare (TDs) von unterschiedlichen, der Psychologie nahestehenden Disziplinen zu besuchen. Ich habe vor allem die Soziologie, aber auch die Philosophie als zwei Wissenschaften zu schätzen gelernt, die mich meinen Blick auf „den (einzelnen) Menschen“ noch einmal von einer ganz neuen Seite haben reflektieren lassen und diesen eindeutig geweitet haben.

Dazu allerdings noch ein kleiner, pragmatischer Hinweis am Rande: für den Besuch von CMs erhältst Du 3,5 Leistungspunkte – hier schreibst Du am Ende des Semesters eine Klausur. Für den Besuch von TDs erhältst Du 1,5 Leistungspunkte – hier legst Du während des Semesters meist drei Prüfungsleistungen ab (z.B. Präsentationen oder Zwischenklausuren).

Um soziale Kontakte innerhalb der Uni aufzubauen, kann ich den Besuch der TDs sehr empfehlen, weil man hier im kleineren Kreise diskutiert und gemeinsam über einzelne Vorlesungsthemen nachdenkt. Ansonsten würde ich Dir den Besuch eines Sprachkurses (hierfür gibt es auch Leistungspunkte) und die Angebote von „Parismus“ ans Herz legen, um Anschluss zu finden.

Ernüchterung? Erwartungen vs. Realität

Worauf Du Dich auch noch gefasst machen darfst, wenn Du nach Paris gehen möchtest, ist, dass Du wie die meisten mit dem Phänomen des sogenannten Paris-Syndroms konfrontiert sein wirst: Dem Erlebnis, dass Paris wirklich nicht nur eine glänzende und nahezu magische Stadt ist, sondern dass es dort auch viel Armut, prekäre Lebensverhältnisse und drastisch sichtbare gesellschaftliche Ungleichheiten gibt, die Du (aus Heidelberg kommend) vielleicht so noch nicht erlebt hast. Dass Paris eben auch eine sehr laute und teilweise dreckige Stadt ist. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es Dir am Ende so ergehen wird, wie mir, und dass Du nach der anfänglichen Desillusionierung anfangen wirst, Paris auch dafür zu schätzen, für seine Ecken und Kanten. Dass diese Stadt Dich in vielerlei Hinsicht reizen, beeindrucken und prägen wird. Und dass Du allmählich Deine ganz eigene Beziehung, Deinen ganz eigenen Zugang zu dieser Stadt entwickeln wirst.

Es ist mir wirklich nicht leichtgefallen, Paris nach gut 10 Monaten wieder den Rücken zu kehren und das sagt eigentlich schon alles. Ich vermisse die Zeit dort auf jeden Fall. Das Beste an Paris ist glaube ich, dass die Stadt wirklich inspirierend ist. Wenn Du einmal den Bus vom einen zum anderen Ende der Stadt nimmst, wirst Du sehen, was ich meine. Überall gibt es etwas zu entdecken, zu beobachten und zu bestaunen. Lauter kleine Mikroeindrücke, so viele verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Leben und Themen, die sie gerade beschäftigen. Sich an das Tempo und die Fülle von Paris zu gewöhnen, kann durchaus ein paar Tage und Wochen dauern. Aber es lohnt sich!

Und falls Dir Heidelberg doch einmal zu sehr fehlen sollte: von Haustür zu Haustür sind es nur 4 Stunden mit dem Zug. Das macht den Besuch von Familie und Freund*innen natürlich auch wahrscheinlicher.

Abschließende Tipps und Gesamtfazit

Was ich abschließend gerne noch loswerden möchte: Paris ist eine unerschöpflich große Stadt mit einem grenzenlosen Angebot: lass Dich also nicht von einer fear of missing out „kriegen“, sondern wähle bewusst, womit Du Deine (begrenzte) Zeit dort verbringen willst und genieße dann mit all Deiner Aufmerksamkeit. Regelstudienzeit hin oder her – wenn Du irgendwie kannst – ich würde mich an Deiner Stelle immer eher für zwei statt einem Semester entscheiden, um wirklich dort anzukommen. Wenn Du in welcher Situation auch immer einmal nicht weiterkommen solltest: bleib hartnäckig, stehe für Dich ein und traue Dich, französisch zu sprechen. Du wirst Dich dadurch vor allem am Anfang überraschend schnell und merklich verbessern. Lass Dich in puncto Benotung nicht stressen – in allen Veranstaltungen kannst Du als Erasmus-Student*in mit den Lehrenden ein passendes Prüfungsformat vereinbaren und Dein Nicht-Französisch-Sein wird auch auf jeden Fall berücksichtigt werden.

Wenn Du einmal krank sein solltest oder ein medizinisches Attest benötigst, ist Deine Anlaufstelle die „mgen“ (https://proximite.mgen.fr/fr/ile-de-france/paris).

Deine Zeit in Paris wird Dich erkennbar prägen und Du wirst Dich als Person dadurch spürbar verändern. Mich selbst hat mein Auslandsaufenthalt unter anderem selbstbewusster und eigenständiger gemacht, mir meine Privilegien vor Augen geführt und mich zu der Einsicht kommen lassen, wie sehr Psychologie und Soziologie in einem komplementären Verhältnis zueinander stehen.

Eins steht fest: Paris wird Dich herausfordern und bereichern. Auf welche Weise, das musst und kannst allein Du herausfinden.

Ach, und noch eine Sache: falls Du unentschlossen sein solltest, ob Du Dich um einen Auslandsaufenthalt an der Sorbonne Université de Paris bewerben solltest. Ich würde auf jeden Fall sagen: „Ja! Denn Du kannst nur gewinnen.“