Erfahrungsbericht Université de Nantes

Nantes, Wintersemester 2022/2023 (Master)

Vorbereitung

Nach der Zusage von der Uni Heidelberg musste ich mich noch an der Uni Nantes bewerben. Das war etwas chaotisch und unübersichtlich, hat aber geklappt. Bei der Bewerbung konnte ich mich auch schon für einen Wohnheimsplatz anmelden. Das habe ich gemacht und auch ca. einen Monat vor meiner Abreise einen Platz bekommen (soweit ich es mitbekommen habe, habe alle internationalen Studierenden, die ein Zimmer im Wohnheim haben wollten, das auch bekommen, darum muss man sich keine Sorgen machen).

Ankunft und Wohnheim

Das Semester ging Mitte September los und ich bin Anfang September mit dem Zug angereist und konnte direkt mein Wohnheimszimmer beziehen.
Die Wohnheime sind auf jeden Fall praktisch: Man muss sich nicht auf WG-Suche begeben (was aus dem Ausland sehr schwierig ist, vor Ort aber gut möglich, wenn man sich z.B. entscheidet, noch ein zweites Semester zu bleiben), es ist relativ günstig, alle Basics sind vorhanden und die Wohnheime sind zwar relativ weit vom Stadtzentrum entfernt (ca. 20 Minuten mit dem Fahrrad/der Tram), aber sehr nah bei der Uni. Außerdem wohnen fast alle Erasmus-Studierenden im Wohnheim, sodass fast alle meine Freund*innen immer um die Ecke waren und das Crous, das die Wohnheime betreibt, hat oft schöne Ausflüge organsiert.

Die Zimmer sind allerdings sehr klein und nicht wirklich schön. Es gibt jeweils ein eigenes Bad und eine geteilte Küche, die Regeln sind allerdings ziemlich streng (die Küchen werden z.B. um 22 Uhr abgeschlossen und offiziell darf man keinen Besuch haben). Für ein Semester war es okay und praktisch, länger hätte ich aber nicht im Wohnheim wohnen wollen und ich war sehr froh, einige Freund*innen mit schönen WGs zu haben, bei denen man sich treffen konnte.

Studieren

Die Psychologie-Erasmuskoordinatorinnen waren sehr nett und hilfsbereit und haben uns durchgehend super unterstützt. Es gab mehrere Kennenlerntreffen vom Fachbereich und die Kurswahl etc. wurden gut erklärt. Es gibt in Nantes fünf verschiedene Psychologie-Master mit jeweils ca. 20 Studierenden. Ich habe nur Kurse aus dem Master „Psychologie clinique et Psychopathologie plurielle“ besucht, was super war, weil ich so die französischen Studierenden gut kennenlernen konnte und nicht immer wieder in eine neue Gruppe kam und mich vorstellen musste.
Ich fand die meisten Kurse sehr gut! Vieles war praxisnah (mit Rollenspielen etc.) und es wurde viel diskutiert. Klinische Psychologie ist in Frankreich stärker psychoanalytisch geprägt und insgesamt weniger naturwissenschaftlich, wodurch es oft andere Blickwinkel und Positionen gibt, was ich sehr spannend fand. Ich hatte z.B. Kurse zu humanistischer und existentialistischer Psychotherapie und qualitativer Methodik, in denen ich vieles gelernt habe, was im Studium in Deutschland kaum vorkommt. Von vielen Erasmus-Studierenden im Bachelor habe ich gehört, dass sie ihre Kurse nicht mochten, wenn man im Bachelor nach Nantes geht, lohnt es sich also eventuell, auch Masterkurse zu besuchen. Alle Psychologie-Kurse und auch die meiste Literatur waren auf Französisch, was vor allem am Anfang schwierig war, aber mit DeepL und der Hilfe französischer Studierender funktioniert hat.
Neben dem Studieren gibt es an der Uni viele gute Angebote: der Unisport ist super, es gibt oft kleine Kino- oder Musikfestivals, einen Abendsprachkurs, eine Fahrradwerkstatt …

Leben in Nantes

Ich mochte Nantes sehr gerne. Es ist keine riesige Stadt, aber es ist viel los, es gibt tolle Konzerte, Bars, Cafés und Theater, viele Parks und viel Wasser. Vor allem der Sommer in Nantes war toll, im Winter regnet es leider sehr viel! Die Uni und das ESN organisieren viele Veranstaltungen, das Netzwerk aus internationalen Studierenden ist sehr groß und es ist sehr einfach, andere Studierende kennenzulernen.

Wenn Nantes doch mal langweilig wird, ist man außerdem sehr schnell in Paris oder in der Bretagne und mit dem Bus schnell an vielen schönen Stränden.

Ich kann Nantes für ein Erasmussemester auf jeden Fall empfehlen, und wenn es zeitlich passt, lohnt es sich auf jeden Fall auch, zwei Semester zu bleiben!