Erfahrungsbericht Erasmus Madrid WiSe 23/24 UAM

Madrid, Wintersemester 2023/2024 (Master)

Bewerbungsverfahren

Nachdem ich mein Erasmus während meines Bachelors vor sechs Jahren aufgrund von Corona nach nur sechs Wochen vor Ort abbrechen musste und den Rest online von zu Hause aus abschließen musste, entschied ich mich, während meines Masterstudiums einen neuen Versuch zu starten und erneut nach Spanien zu gehen. Zunächst war ich etwas enttäuscht, dass Madrid die einzige Option für Masterstudierende war, aber im Nachhinein bin ich sehr froh darüber, da Madrid einfach eine unglaublich aufregende und vielseitige Stadt ist und man gar nicht anders kann, als sich in diese Stadt zu verlieben 😊

Ein wichtiger Aspekt, den man unbedingt im Blick haben sollte, ist die frühzeitige Beschaffung eines Empfehlungsschreibens. Dies kann, je nachdem bei wem man es anfordert, einige Wochen in Anspruch nehmen. Es ist daher ratsam, sich rechtzeitig darum zu kümmern, um es vor Bewerbungsschluss vorliegen zu haben.

Als ich mich als Masterstudentin für das Erasmus-Semester an der UAM bewarb, hätte ich eigentlich ein offizielles Sprachzertifikat mit B2-Niveau vorlegen müssen, um an den Masterkursen teilnehmen zu dürfen. Zu diesem Zeitpunkt beherrschte ich bereits fließend Spanisch, allerdings hatte ich kein offizielles D.E.L.E-Zertifikat. Da mich die Kurse aus dem klinischen Master an der UAM, die ich im Wintersemester 2023/2024 hätte besuchen können, inhaltlich nicht besonders ansprachen, erkundigte ich mich, ob ich stattdessen die Bachelorkurse aus dem 4. Bachelorjahr (in Spanien dauert der Bachelor ein Jahr länger) besuchen dürfte. Da dies seitens der spanischen Universität kein Problem darstellte, erstellte ich mein Learning Agreement mit Kursen aus dem 4. Bachelorjahr und bin auch im Nachhinein sehr zufrieden damit, da die UAM gerade im 4. Jahr viele inhaltlich sehr interessante Kurse anbietet.

Beim Erstellen des Learning Agreements ist zu beachten, dass die UAM das Online-System zur Unterzeichnung des LA aus Mobility-Online NICHT verwendet (Stand WiSe 2023/2024). Das war mir nicht bewusst, und daher hatte ich das LA zunächst online erstellt. Ich wunderte mich dann, warum es von Seiten der UAM nicht unterzeichnet wurde, bis ich herausfand, dass man es als PDF per E-Mail an das ORI zur Unterzeichnung senden muss. Dabei kann es gelegentlich bis zu 6 Wochen dauern, bis man das unterzeichnete Dokument zurückbekommt. In diesem Fall evtl. einfach noch mal höflich nachfragen. Es ist auf jeden Fall wichtig, dranzubleiben und das Dokument nicht aus den Augen zu verlieren. 😉

Wie bereits aus anderen Erfahrungsberichten hervorgeht, gestaltet sich die Bewerbung von Seiten der Universität Heidelberg relativ unkompliziert, während dies für die spanische Seite nicht in gleichem Maße zutrifft. Bei der Online-Registrierung hatte ich beispielsweise ein paar Probleme, da einige Pfade nicht korrekt programmiert bzw. frei geschaltet waren und ich dann teilweise nicht die passenden Infos auswählen konnte. Ich habe dann per Mail die Fehler gemeldet und auch (erstaunlicherweise) immer sehr schnell (innerhalb von einem Tag) eine Antwort bekommen und die Fehler wurden schnell behoben. So ging das einige Male hin und her, was etwas mühsam war, aber am Ende hat dann alles geklappt.

Ich persönlich finde es noch wichtig zu erwähnen, dass man sich auf jeden Fall vorab Gedanken bezüglich der Finanzierung machen sollte, da man sich nicht zu 100% auf die Erasmusförderung verlassen kann. Bei uns war es nämlich so, dass NACHDEM wir bereits die Zusagen erhalten hatten und auch schon an den Gastunis immatrikuliert waren, uns gesagt wurde, dass wir anstatt einer 5-monatigen Förderung nur Geld für 3 Monate erhalten werden. Es hatten sich wohl mehr Studis beworben als geplant und insgesamt gab es wohl auch weniger Geld, weshalb sie sich dazu entschieden hatten. Trotzdem wurden alle Studis ins Erasmus geschickt, allerdings mit reduzierter Förderung. Das hat dazu geführt, dass einige ihren Auslandsaufenthalt aufgrund von finanziellen Aspekten gar nicht erst antreten konnten. Die monatliche Summe, welche man vom Erasmus erhält, reicht eh noch nicht einmal für die Miete, weshalb man wirklich vorab schauen sollte, ob man evtl. Auslands-Bafög oder anderweitige Unterstützung erhalten kann (+ frühzeitig einen Antrag stellen 😉).

Wohnungssuche

Meine WG befand sich im Stadtteil Chueca (das LGBTQ+-Viertel) und ich kann das Viertel wirklich sehr sehr empfehlen. Andere coole Viertel zum Wohnen sind z.B. Malasaña, La Latina, Barrio de las Letras oder Sol. Lavapiés ist auch ein cooles sehr alternatives Viertel, allerdings habe ich mich da alleine als Frau manchmal nicht so ganz wohl gefühlt. Außerdem würde ich wirklich empfehlen im Zentrum nach einem Zimmer zu schauen und nicht in der Nähe von der Uni.

Ich habe mein WG-Zimmer über idealista gefunden (ähnlich wie WG-Gesucht). Etwa 1,5-2 Monate bevor ich nach Madrid ging, begann ich mit der Suche und wurde relativ schnell fündig. Ich hatte eine Online-Besichtigung mit der Eigentümerin und erhielt danach einen Vertrag. Meine Erfahrung bei der Wohnungssuche war sehr gut und unkompliziert, aber man sollte auf jeden Fall wachsam sein und einen Videocall vereinbaren, bei dem einem die Wohnung gezeigt wird, und darauf bestehen, dass man einen Vertrag erhält (und natürlich vorher kein Geld senden). Einige haben auch erst vor Ort nach einem Zimmer gesucht. Was ich mitbekommen habe, war, dass dies teilweise sehr schwierig war, da direkt zu Semesterbeginn natürlich viele auf der Suche sind. Es gibt auch zahlreiche Vermittlungsagenturen, über die man ein Zimmer buchen kann, was zwar unkomplizierter ist, aber mit (meiner Meinung nach) sehr hohen Vermittlungsgebühren verbunden ist. Ich habe einige Studierende kennengelernt, die über solche Agenturen ein Zimmer gefunden hatten, und ihre Erfahrungen waren eher negativ (Zimmer entsprach nicht den Bildern, hohe Gebühren, schlechte Erreichbarkeit der Agenturen bei Problemen usw.), weshalb ich persönlich davon abraten würde. Ja, die Zimmersuche kann teilweise mühsam und frustrierend sein, aber es gibt durchaus schöne und einigermaßen bezahlbare Zimmer! 😊 Man darf nur nicht die Hoffnung aufgeben und sich auch nicht mit dem erstbesten zufriedengeben (z.B. 10qm ohne Fenster für 550 Euro)! Wenn man im Wintersemester nach Madrid geht, sollte man bei der Suche unbedingt darauf achten, dass es eine Heizung in der Wohnung/im Zimmer gibt, da es vor allem nachts sehr kalt werden kann. Ansonsten sollte man auch darauf achten, ob das Zimmer überhaupt ein Fenster hat (häufig haben sie keines) und falls ja, ob es zum Innenhof geht (denn dann kann es trotzdem ziemlich dunkel im Zimmer sein) oder nach draußen.

Uni

Die Uni in Spanien ist sehr viel verschulter, was einerseits gerade als Erasmus-Student von Vorteil ist, weil man dadurch „an die Hand genommen wird“. Allerdings hat man im Vergleich auch deutlich mehr zu tun. Die Inhalte der Kurse würde ich vom Niveau her zwar als weniger anspruchsvoll einschätzen, allerdings ist der workload insgesamt sehr hoch (wobei das natürlich auch nochmal von den jeweiligen Kursen abhängt, die man wählt). Ich hatte zu Beginn vier Kurse aus dem 4. Bachelorjahr gewählt, wobei ich einen nach der ersten Woche abgewählt habe. Ich habe folgende drei Kurse besucht:

  • Farmacología de la conducta: den Kurs fand ich persönlich sehr spannend, da man zu Beginn nochmal die Grundlagen von Bio- und Neuropsychologie wiederholt und sich dann mit verschiedenen Drogen und Psychopharmaka beschäftigt. Es gibt wöchentliche Abgaben, eine Gruppenarbeit und am Ende des Semesters ein Examen mit Single-Choice und offenen Fragen. Da es in Heidelberg keinen vergleichbaren Kurs gab, fand ich ihn echt cool und konnte auch noch einiges lernen. Um den Inhalten gut folgen zu können, sollte man aber auf jeden Fall ein B1/B2-Spanischlevel haben.
  • Periciales forenses de pruebas de testigos: den Kurs fand ich auch sehr interessant, habe aber teilweise etwas Schwierigkeiten gehabt, ihm zu folgen (unübersichtliche Folien + die Dozentin lädt die Folien nicht in Moodle hoch). Es geht um Strafverfahren und die Bewertung der Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen. Man darf sogar zu Gerichtsverhandlungen gehen, was ich persönlich richtig spannend fand. Dem Kurs hat meiner Meinung nach ein bisschen die Struktur gefehlt, weshalb es manchmal etwas Verwirrung gab. Auch hier würde ich definitiv ein fortgeschrittenes Spanisch-Level empfehlen. Die Prüfungsleistung bestand aus verschiedenen Praktika, welche während der Vorlesungszeit durchgeführt wurden, einer Zwischen- und einer Endprüfung (45 Single-Choice-Fragen in 50 Minuten), optional konnte man noch zu einem Praxisfall entweder die Anklage- oder Verteidigungsschrift verfassen, um seine Note anzuheben.
  • Técnicas de Intervención Psicológica: der Kurs war sowohl vom zeitlichen Umfang als auch vom Arbeitsaufwand umfangreicher als die beiden anderen Kurse zusammen. Obwohl die Kurse in der Regel alle dieselbe Anzahl an ECTS-Punkten vergeben, können sie hinsichtlich des Arbeitsaufwands stark variieren. In diesem Kurs wurden psychotherapeutische Verfahren vorgestellt. Ich fand den Kurs wirklich gut, die Dozierenden haben sich sehr viel Mühe gegeben, und im Rahmen der zur Vorlesung gehörenden Prácticas wurden die Verfahren mithilfe von Rollenspielen, Videoanalysen usw. praktisch veranschaulicht. Mir persönlich war er etwas zu VT-lastig, aber insgesamt war es ein sehr empfehlenswerter Kurs. Es gab wöchentliche Tests (jeweils 10 Single-Choice-Fragen am Anfang der Stunde) über die vorzubereitende Literatur (jede Woche zwischen 80-180 Seiten spanischer Literatur lesen), eine Gruppenarbeit und am Ende des Semesters eine Klausur (Single-Choice-Fragen).

Ich hatte meine Kurse aus Interesse gewählt und war mit der Auswahl sehr zufrieden, allerdings hatte ich auch wirklich viel zu tun. Von anderen Erasmus-Studierenden habe ich gehört, dass man es sich auch wesentlich einfacher machen kann und es Kurse gibt, in denen beispielsweise außer einer einzigen Präsentation keine weitere Prüfungsleistung erbracht werden muss.

Sprachkurs

Zwei Wochen vor Studienbeginn habe ich einen „Brush-Up“-B2-Spanischkurs besucht. Es war eine gute Gelegenheit, um bereits den Campus und neue Leute kennenzulernen. Der Kurs bestand aus täglichem Unterricht, und an einigen Tagen unternahmen wir auch Exkursionen am Nachmittag, z.B. ins Museum Reina Sofía. Während des Semesters habe ich dann noch einen Sprachkurs mit 4 ECTS am Sprachzentrum der UAM belegt. Eigentlich hätte ich gerne einen C1-Kurs gemacht, aber es gab nur einen einzigen Kurs auf diesem Level, und der kollidierte leider mit meinen anderen Uni-Kursen. Deshalb habe ich mich erneut für einen B2-Kurs entschieden, war aber insgesamt sehr zufrieden. Besonders gut gefallen hat mir, dass unsere Spanischlehrerin uns immer Tipps für das bevorstehende Wochenende gab, z.B., was es gratis zu entdecken gibt und wo genau gefeiert wird. Das fand ich richtig cool, da ich dadurch einige Dinge kennengelernt habe, von denen ich sonst nichts gewusst hätte.

Freizeit

Madrid ist ein super Ausgangspunkt, um Kurztrips oder auch längere Reisen zu unternehmen. Bei den Tagestrips dürfen auf keinen Fall Segovia, Pedraza, Toledo, Ávila, Salamanca, Aranjuez etc. fehlen. Die Anbindung mit dem Zug ist wirklich super und auch preislich unschlagbar! So kann man z.B. mit dem Zug für 8 Euro (!!) innerhalb von 2 Stunden nach Valencia fahren. Auch in Richtung Süden nach Granada und Sevilla bin ich relativ preiswert mit dem Bus gereist 😊 Madrid hat einfach unglaublich viel zu bieten und ist eine wirklich tolle Stadt, in der es immer etwas Neues zu entdecken gibt. Mir persönlich haben besonders die vielen Parks gefallen, in denen man schön spazieren gehen, joggen oder sich einfach in die Sonne legen kann. Neben dem bekanntesten Park Retiro gibt es zahlreiche weitere Parks, die man nach und nach erkunden kann, wie zum Beispiel El Capricho, Parque de Juan Carlos, Casa de Campo, Campo del Moro, usw. Ich liebe es auch, Sonnenuntergänge anzuschauen, und auch dafür bietet Madrid einige sehr schöne Möglichkeiten, wie zum Beispiel beim Templo de Debod (sehr touristisch) oder Cerro del Tío Pío. Madrid hat natürlich auch viele wunderschöne Kirchen und Museen, bei denen die meisten zu bestimmten Uhrzeiten (meistens am Abend) freien Eintritt bieten. Wer Vintage-Fan ist, wird in Madrid definitiv auf seine Kosten kommen. Neben dem wöchentlichen Sonntagsmarkt El Rastro gibt es viele weitere Märkte und kleine Vintage-Läden. Abgesehen davon gibt es unzählige coole Bars, gemütliche Cafés und gute Restaurants, sodass man selbst nach einem halben Jahr noch lange nicht alles ausprobiert hat und unbedingt so schnell wie möglich wieder nach Madrid zurückkehren möchte!😊