Erfahrungsbericht zum Auslandssemester 

Amsterdam, Wintersemester 2023/2024 (Bachelor)

Hallo ihr Lieben - ich habe das Wintersemester 2023/24 in Amsterdam verbracht und teile euch hier ein paar Momente und Erfahrungen:

Unterkunftssuche

Ich hatte schon kurz nach meiner Zusage im März 2023 begonnen mich auf die Suche zu machen - auch die VU gab einige unterstützende Wohnungssuche Online Meetings. In diesen wurde jedoch hauptsächlich auch sehr viel Druck aufgebaut: Menschen, die keine Wohnung finden, sollten lieber in einem anderen Semester wiederkommen. Im Endeffekt hatte ich sehr viel Glück und habe über Freunde von Freunden einen Kontakt ergattert: Eine Niederländerin, die durch Zufall im gleichen Zeitraum ein Erasmus in Wien machte und mir daher alles möbliert untervermietete. Meine Empfehlung ist sich so früh wie möglich um eine Unterkunft zu kümmern und die Ansprüche ziemlich runterzufahren. Bei mir war es ein wütender Vermieter, der keinen Besuch zuließ, bei anderen ein Wohnheim mit Wasserrohrbruch oder Mäuse im WG-Zimmer - am Ende hatte jede*r eine Amsterdam- Wohnstory zu teilen...

Freizeit

Langweilig ist mir in Amsterdam wirklich nie geworden - es gibt so viele Konzerte, Museen, Events usw. , dass man jeden Tag die Qual der Wahl zwischen zahlreichen Möglichkeiten hat. Eine große Empfehlung meinerseits ist die Museumscard, die den Zutritt zu zahlreichen Museen in den gesamten Niederlanden ermöglicht. Sie gilt ein Jahr und ich hatte sie am Ende meines Aufenthalts knapp 30-mal in unterschiedlichen Städten eingesetzt. Ein weiterer Lieblingsort ist das Mezrab - ein Kulturzentrum mit allen möglichen Veranstaltungen - von Musiknacht bis Storytelling kann man an diesem schönen Ort alles auf Spendenbasis genießen. Außerdem würde ich euch das Volkshotel empfehlen, indem es einen Coworkingspace gibt oder Zeichenkurse und Yoga mit anschließendem Panorama Blick über die Stadt geboten werden. Nicht zu vergessen ist dann natürlich noch der größte Flohmarkt in Europa, der am Hafen Noord immer wieder stattfindet oder die vielen Techno und Musikveranstaltungen in den coolsten Locations…Viele weitere Ideen fallen mir noch ein - eins ist jedoch klar: Selbst in den windig kalten Wintermonaten findet man in Amsterdam immer eine aufmunternde Aktivität.

Uni und Campus

Der VU-Campus liegt im Süden der Stadt und ist ziemlich riesig. Durch die Introduction Days und weil alles digital so gut vernetzt ist, findet man sich aber gut zurecht. Bei meiner Kurswahl hatte ich mich für einen Minor entschieden - eine Kombination aus Kursen, die thematisch miteinander verknüpft sind und auch zeitlich parallel möglich sind. Insgesamt besteht ein Semester an der VU aus drei Periods. Ich hatte in den ersten beiden Periods je zwei Kurse und in der letzten Period, die nur noch knappe vier Wochen im Januar war, einen Kurs. Der Studiumsaufbau ist anders als in Heidelberg - das System ist sehr viel verschulter und man muss sich auf regelmäßige Abgaben und drei unterschiedliche Klausurenphasen einstellen. Die einzelnen Kurse haben in ihrem Aufbau und Inhalt stark variiert: Bei einem Kurs saß man in einem riesigen Hörsaal mit über hundert Studierenden, im anderen gab es kompakte Gruppen von 15 Menschen, bei denen eine aktive Teilnahme an Diskussionen eine klare Voraussetzung war. Die VU ist sehr international orientiert, weswegen es kein Problem war die Kurse auf Englisch zu wählen. Dennoch hatte ich an einigen anderen Herausforderungen zu knabbern: Die Notenvergabe ist alles andere als großzügig und war aus meiner Perspektive wenig transparent. Es gibt Punkte von 0-10, wobei man mindestens 5 Punkte haben muss, um zu bestehen und die Punkte 9 oder gar 10 eigentlich aus Prinzip nicht vergeben werden. Bei MC Fragen erreicht man also noch am ehesten Noten aus dem besseren Bereich, da aber meist auch offene Fragen, Rechnungen oder die bewerteten Assignments in die Kurs Note mit einfließen, muss man sich auf andere Dimensionen der Bewertung einstellen. Zudem gab es Gruppenarbeiten mit zufällig entschiedenen Gruppenmitgliedern, die mir die Themen konstruktive Kritik, interkulturelle Kommunikation und das Umsetzen eines respektvollen Arbeitsprozesses nochmal sehr nahe gebracht haben… - Schlussfolgerung aus diesen Uni bezogenen Erfahrungen: Das ein oder andere Vorgehen hätte ich mir nicht so gewünscht, ich bin aber trotzdem damit klargekommen für diese Zeit und werde manche Vorgehensweisen an deutschen Unis vielleicht umso mehr wertschätzen. Wissen und neue Erkenntnisse habe ich trotzdem mitgenommen und meine Englischkenntnisse erweitert.

Money, money, money

Hierbei muss ich leider sehr direkt sein: Das Leben in Amsterdam ist ziemlich teuer. Egal ob Wohnen, Lebensmittel kaufen oder Ausgehen. Man muss immer eine Schippe mehr Geld als in Deutschland erwarten. Bei mir hat die Erasmusfinanzierung am Ende nicht mal die Hälfte meiner Miete stämmen können. Ich war auf die Unterstützung meiner Eltern, auf Erspartes und auf Geld vom Arbeiten definitiv angewiesen. Mein Schwabenherz hat da manchmal schon ziemlich wehgetan (zum Beispiel, wenn man im Club sogar fürs aufs Klo gehen bezahlen muss), dennoch habe ich mir in der Zeit dann auch einfach mal einen anderen Lebensstil mit mehr Unternehmungen gegönnt als in sonstigen Jahren und das hat sich für mich dann auch mehr als gelohnt.

Sprache

Ich bin in das Auslandssemester mit einem stolzen 100 Tage DuoLingo Dutch Strike gestartet und hatte mir auch vorgenommen einen Niederländisch Kurs zu belegen. Dort angekommen stellte ich jedoch fest: Fast überall wird englisch auf solch einem guten Niveau gesprochen, dass zu dieser Sprache auch in allen möglichen Fällen gewechselt wird. Der Niederländisch Kurs kollidierte dann noch mit anderen Terminen in meiner Woche und war mit mehr Zeit und Geld Kosten verbunden als ursprünglich vermutet. So kam es, dass ich mir mit Deutsch schon viel erschließen konnte und fleißig bei gehörten Worten nachfragte, wenn ich sie nicht verstand – das selbst Dutch sprechen hat in dieser so schnell verfliegenden Zeit für mich aber nicht geklappt.

Was mir sonst noch so einfällt:

Amsterdam ist natürlich auch ein Träumchen bezüglich seiner Lage. Mit dem Zug ist man vom Hauptbahnhof aus in einer halben Stunde am Meer mit Sandstrand und einer großen Spazierpromenade. Auch andere Städte wie Haarlem, Den Haag oder Utrecht sind schnell erreicht. Innerhalb der Stadt habe ich mich eigentlich die gesamte Zeit mit dem Fahrrad fortbewegt - an windigen Tagen war dabei ein Bein-Workout inklusive, ansonsten war es aber einfach praktisch und ganz dem Vibe der Stadt entsprechend: Egal ob jung, alt, vollbepackt oder im bodenlangen Kleid: Die Niederländer*innen schaffen es einfach immer mit ihren "fietsen" die Kanalgassen entlangzudüsen.

Fazit: Für mich persönlich war dieser Auslandsaufenthalt ein wahres Geschenk - ich hatte die Zeit eine Stadt für mich auf ganz besondere Weise zu entdecken und ich habe Herzensmenschen kennengelernt, die mir hoffentlich für immer im Leben bleiben. Neue Einblicke, verrückte Erlebnisse, akademische Perspektivwechsel und viele wertvolle Erfahrungen: Ich würde mich jederzeit wieder bewerben!