Aarhus WS 2017/18 (BSc)

Amsterdam, Wintersemester 2017/2018 (Bachelor)

Bewerbung und Uni-Kram

Einige hilfreiche Informationen vorab: der Austausch am psychologischen Institut von Heidelberg findet mit der vrije universiteit von Amsterdam statt. Die vrije (freie) Universität, kurz VU, ist eine Campusuniversität ganz im Süden der Stadt. Die Gebäude sind archietektonisch an den umliegenden Finanzdistrikt passend gebaut und so kann es schon einmal vorkommen, dass man im 17. Stock eine Vorlesung mit Aussicht genießen darf.

Das Semester vor Ort ist in 3 Perioden eingeteilt, sogenannte Trimester. Der Bachelor in Psychologie geht in den Niederlanden 4 Jahre und wurde erstmalig 2017 als vollkommen englischsprachiger Bachelor an der VU eingeführt. Der erste Jahrgang letzten Jahres bestand zu gut 50% aus deutschsprachigen Studenten nur als kleine Vorwarnung sollte man durch seinem Austausch im weitesten Sinne weg von gleichsprachigen Studenten kommen wollen. Im letzten Bachelorjahr wählen die Studenten einen sogenannten Minor in einer bestimmten Fachrichtung. Diese Art der Kurswahl erinnert sehr an die Seminare aus den letzten beiden Bachelorsemestern in Heidelberg. Der Minor soll gewisse Themen und Fähigkeiten im ausgewählten Bereich vertiefen. Als internationaler Student wird einem bei der Kurswahl nahegelegt einem Minor zu folgen, da in diesem Falle alle Kurse zeitlich und inhaltlich aufeinander abgestimmt sind. Entscheidet man sich für eine individuelle Kurswahl querbeet so erwartet einen ein ausführliches Modulhandbuch zum Herunterladen. Ich würde jedem empfehlen sich die Kursbeschreibungen gründlich durchzulesen. Schwierigkeitslevel, Voraussetzungen und Zeiten sollten gut überprüft werden bevor man seine Wahl an die UV weiter leitet. Im Falle eines Austausches darf man nämlich nicht selbst seine Kurse wählen sondern muss seine Wünsche in einem Formular einreichen, welches dann von dem internationalen Office geprüft und in den meisten Fällen angenommen wird.

Organisation, Planung und Wohnungssuche

Nach der erfolgreichen Bewerbung und der Kurswahl beginnt parallel die restliche Planung des Austausches. Amsterdam ist durchaus nicht das billigste Pflaster zum Leben und eine der wohl kniffligsten Aufgaben stellt die Wohnungssuche dar. Eine Schuhschachtel in der Innenstadt von Amsterdam liegt bei etwa 500-800 Euro obwohl nach oben hin natürlich keinerlei Grenzen geboten sind. Diesen preislichen Begebenheiten ist sich die VU durchaus bewusst und bietet deswegen eine gute Hilfestellung bei der Wohnungssuche an. Einige Leute suchen auf dem privat Markt nach Zimmer, die meisten Austauschstudenten der VU nehmen allerdings die Wohnheimvermittlung an.

Als internationaler Student zahlt man für die Vermittlung pro Semester 200 Euro. Wohnheimzimmer beginnen bei 350 Euro in einer 12er WG und enden bei rund 800 Euro für ein eigenes Studioapartment. Vermietet wird über die Firma DUWO deren Gebäude über die ganze Stadt verteilt liegen. Die größte Wohnanlage für die VU ist der Campus Uilenstede. Hier leben rund 3000 Studenten über eine Vielzahl von Gebäuden verteilt. Der Campus liegt am südlichsten Zipfel von Amsterdam (gehört offiziell bereits zu Amstelveen) und ist innerhalb von 10 Minuten mit dem Fahrrad von der VU erreichbar. Der Campus bietet ein eigenes Fitnessstudio, ein Café, einen Kopierladen, eine Pizzeria sowie einen kleinen Supermarkt und ein Kulturzentrum. Weitere Einkaufsmöglichkeiten sind keine 5 Minuten zu Fuß entfernt. Nicht nur das hier eine der wohl günstigsten Wohnmöglichkeiten geboten wird, hier kann man zudem das Campusleben in vollen Zügen genießen.

Bei der Wohnungssuche sollte man definitiv bedenken, dass man einen Großteil seiner Zeit auf dem VU Campus verbringen wird und dieser liegt rund 25 Minuten mit dem Fahrrad vom Stadtzentrum entfernt. Je nach Wohnlage kann man also gut über eine halbe Stunde auf dem Fahrrad unterwegs sein und in den Niederlanden gehört Regen zur Tagesordnung dazu.

Ankommen und Gefährt finden

Die Semester in den Niederlanden beginnen definitiv früher als in Deutschland. Zwischen Sommer,- und Wintersemester haben die Studenten nur ein Wochenende frei, daher ist die Einführungsphase für das Wintersemester definitiv intensiver. Zwei Wochen vor Vorlesungsbeginn kann man in sein Wohnheimzimmer ziehen und ab dem Zeitpunkt beginnen diverse Einführungsveranstaltungen. Sporttage, Rundführungen und diverse Vorträge aber das definitive Highlight ist das ESN Wochenende. Die Kosten erscheinen im ersten Moment recht hoch, allerdings ist dieses Wochenende der ideale Zeitpunkt um andere internationale Studenten und die Stadt besser kennenzulernen. Beginnt nämlich in der folgenden Woche die Vorlesungszeit und folgt man keinem spezifischen Minor so sieht man in jeder Veranstaltung neue Gesichter.

Das wohl wichtigste Fortbewegungsmittel Amsterdams ist das Fiets (Fahrrad). Die Räder sind schwarz, ohne Gänge und nur mit Rücktrittbremse. Dennoch empfiehlt es sich definitiv vor Ort sein Fahrrad zu kaufen, da die Diebstahlquote relativ hoch ist und ein gutes Fahrrad mit Gangschaltung eher ins Auge fällt.

Wer ein eigenes Fahrrad kaufen möchte, der kann den Service der BikeBoys in Anspruch nehmen. Diese studentische Organisation hat es sich zur Aufgabe gemacht Austauschstudenten das Leben zu erleichtern. Für 120 Euro wird einem ein Fahrrad bei Ankunft bereit gestellt. Mein Tipp: geh an dem Termin so früh wie möglich zu der Ausgabe der Räder, gegen Ende des Tages sind nur noch all die Fahrräder dort die niemand haben wollte. Du kannst dein Fahrrad vorher Probefahren, für 20 Euro ein Schloss erwerben und dich im Laufe des Semesters bei jeglichen Problemen an die Jungs wenden. Neigt sich dein Austausch dem Ende hin so könntest du dein Fahrrad wieder problemlos an die BikeBoys zurück verkaufen, allerdings erhält man nicht mehr als 50% vom Preis zurück. Für nur 9 Euro pro Stecke bietet FlixBus allerdings auch die Möglichkeit das eigene Fahrrad nach dem Austausch mit nach Deutschland zu nehmen.

Eine super Möglichkeit mobil unterwegs zu sein ohne ein eigenes Fahrrad zu erwerben bietet SwapFiets. Diese Organisation vermietet Fahrräder für rund 13 Euro pro Monat. Das tolle an dem Deal ist, dass du dich bei jedem noch so kleinen Problem an SwapFiets wenden kannst und sie helfen dir direkt und kostenlos. Vom Kauf eines Fahrrads auf dem Waterlooplein würde ich definitiv ABRATEN. Jedes einzelne dort erworbene Fahrrad aus meinem Freundeskreis war nach gut 3 Wochen Schrott.

Uni-Alltag und Notenvergabe

Durch das Trimester wirkt ein Semester in den Niederlanden meiner Meinung nach deutlich intensiver als ein Semester in Deutschland. Man belegt ein bis drei Module pro Periode und hat jedes Modul durchschnittlich zwei bis drei Mal pro Woche. Nach sieben Wochen Input folgt eine Woche Vorbereitungszeit auf und anschließend dann die Klausuren. Nach dem Wochenende beginnt dann die nächste Periode. Durch die geballte Ladung an Stoff ist man allerdings in dieser kurzen Zeit viel intensiver in der Materie, was die verkürzte Lernzeit deutlich erleichtert.

Wer auf seinen Notendurchschnitt achtet sollte sich definitiv vorher gut informieren. In den Niederlanden erfolgt die Notenvergabe von 1 bis 10. Eine 6 reicht aus zum Bestehen und der generelle Trend geht hin zum Bestehen. Das bedeutet aber auch, dass eine 10 so gut wie nie vergeben wird und eine 9,0 quasi wie eine 1,0 in Deutschland ist. Allerdings wird diese Tendenz bei der Umrechnung nicht berücksichtig und so wird aus einer guten 8,0 an der VU an der Universität von Heidelberg leider nur eine 2,0.

In Sachen Technik ist die VU ganz vorne mit dabei. Zwei Apps organisieren deinen Stundenplan, deine Assignments und dienen als unmittelbares Kommunikationsmittel für jegliche universitären Angelegenheiten.

Freizeit und Leben in Amsterdam

In Amsterdam pulsiert das Leben. Egal ob man gerne feiern geht, Kunst genießt, lange Spaziergänge, Yoga oder Meditation: Amsterdam bietet für jeden genau die richtige Nische. Jede Woche eröffnet eine neue Ausstellung, die Kinos zeigen die neusten Blockbuster und jeder DJ oder Künstler stattet der Hauptstadt mindestens einen jährlichen Besuch ab. Kurz um: es gibt jeden Tag 100 Möglichkeiten etwas neues zu erleben. Preislich liegt alles etwas über dem deutschen Durchschnitt, ob das Bier in der Kneipe oder der Wocheneinkauf im Supermarkt sowie der abendliche Eintritt in den Club.

Für nur 60 Euro pro Jahr kann man sich als Einwohner der Stadt eine personalisierte Museumkarte zulegen und somit über 400 Museum landesweit kostenlos besuchen. Für Kunstinteressierte ein definitives MUST.

Sprache

Als deutscher Muttersprachler fällt es einem bei genauem Zuhören nicht schwer die Niederländer zu verstehen. Wer möchte kann über die VU einen kostenpflichtigen Sprachkurs belegen. Wer keine Lust oder Zeit findet die Sprache richtig zu lernen, der kommt in Amsterdam aber auch überall wunderbar mit Englisch aus.

Meine persönliche Erfahrung und Fazit

Wer gerne Fahrrad fährt und wem regen nichts ausmacht, der wird Amsterdam lieben! Ich würde jederzeit erneut für einen Austausch an die VU gehen. Die Organisation war durchweg gut geplant und auch wenn man am Anfang etwas Bauchschmerzen bezüglich der Wohnsituation und den Kosten hatte, so wurde man von der Universität super aufgefangen und betreut. Durch das internationale Wohnsystem kommt man nicht primär in Kontakt mit Niederländern, aber dafür gibt es Gruppenarbeiten in Seminaren, Tandem-Sprachpartner oder Freizeitaktivitäten. Ich selbst habe viel von dem kulturellen Angebot der Stadt profitiert. Auch der ethische Aspekt meiner universitären Veranstaltungen und die Möglichkeit auf Englisch zu studieren haben mich persönlich sehr weiter gebracht. Das einzig negative an meine Austauschsemester durch ERASMUS war, dass ich nicht noch ein Semester länger bleiben konnte. Ich würde jedem empfehlen einen Austausch zu machen, ganz besonders in der wunderschönen Stadt Amsterdam.